NDR-Interview mit Andreas Gabalier: Mehr Fan als Journalist
Ist Volksmusiker Andreas Gabalier rechts? Das wird viel diskutiert. Als Journalist sollte man kritisch nachfragen, statt Wohlfühlinterviews zu führen.
Wessen Interesse sich darauf beschränkt, ob und wie rechts Schlagerstar Andreas Gabalier nun wirklich ist, der oder die möge entsprechend googeln. Genug Lesematerial ist garantiert: Texte, die hin und her gerissen sind ob der Ambivalenz und Uneindeutigkeit mancher Symbole, die Gabalier benutzt: Ist ein Eisernes Kreuz gleich rechts, oder ist das Gipfelkreuz zufällig eisern? Stellt Gabalier mit unnatürlichen körperlichen Verrenkungen auf dem Albumcover von „Volks Rock ’n’ Roller“ (2011) ein Hakenkreuz dar – oder ist das eine böse Unterstellung? Warum singt Gabalier so leidenschaftlich über Männerkameradschaft und über Italiener, Deutsche und Japaner, also die drei faschistischen Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg? Ja, ist der Gabalier jetzt ein Rechter oder nicht?
Wen juckt es, dachten sich wohl der NDR und Moderator Roger Lindhorst, als sie den Lederhosen-Geweihmikro-Sänger zur zweistündigen Radiosendung „Stars am Sonntag“ am vergangenen Wochenende geladen haben. In der Sendung geben Prominente aus Sport, Film und Fernsehen oder eben Musik Einblick in ihr Leben. Dass Gabalier eine zehnjährige Jubiläumstour hinter sich hat, schien Anlass genug. Dann muss man diesen Star, der Fußballstadien füllt und dessen Charme bis in den deutschen Norden reicht, halt mal einladen. Muss man?
Ein Interview mit einem Künstler zu führen bedeutet nicht unbedingt, dass man sich mit ihm und seinen Ansichten gemein macht. Wenn von einer halbstündigen Redezeit aber nur knapp zwei Minuten kritischen Fragen gewidmet sind, dann wirkt das bei einem Gabalier aber schon etwas komisch.
Lindhorst, der am Ende der Sendung mal „über etwas Ernstes reden“ möchte, wirft ein, dass Gabalier immer wieder vorgeworfen werde, er repräsentiere ein überholtes Weltbild. Gabalier antwortet, das liege daran, dass es in der heutigen Zeit nicht mehr so erwünscht sei, „traditionelle Werte weiterzugeben“, das stoße vor allem bei gewissen „journalistischen Randgruppen“ nicht so auf Begeisterung, dann kämen „zum Teil auch wilde Vorwürfe … auch in Richtung rechts“, wo er sich „klipp und klar distanziert“ habe, aber er kämpfe auch dafür, dass man ein paar traditionelle Werte weitergeben könne.
Es geht um Beziehungen, Firsuren und Mikrofonständer
An dieser Stelle hätte ein kritischer Journalist, der kein Fan ist, nachgehakt: das Album-Cover, das Eiserne Kreuz, die Männerkameradschaft. Aber Lindhorst ist im Gespräch mit Gabalier kein Journalist, er ist wie ein Fan. Und deshalb spricht er lieber über Gabaliers Beziehung und dessen Frisur. Er schwärmt, dass Gabalier den „cooleren Mikrofonständer“ habe als Helene Fischer, und verabschiedet sich mit warmen Worten: „Lieber Andreas, ich wünsche dir eine schöne Auszeit.“
Als Journalist sollte man das aber anders machen: Am Montag wurde öffentlich, dass Gabaliers Manager Ende August ein Interview mit dem ORF abgebrochen hat, weil die Moderatorin auch politische Fragen gestellt hat. Der ORF strahlt das Interview nicht aus – weil Gabalier auf die Fragen „keine journalistisch verwertbaren Antworten“ gegeben habe, so der ORF.
Nicht nur Lindhorst und der NDR schwärmen, sondern auch viele andere „ganz normale“ Deutsche sind Gabalier-Fans. Fraglich, ob alle von ihnen überhaupt verstehen, was der Steirer im Dialekt von sich gibt. Vielleicht ist es das Versprechen des authentischen Massenerlebnisses ohne schlechtes Gewissen, dass der Österreicher, der die Schuld damals ohnehin rasch von sich gewiesen hatte, den sich in Volksfragen schuldig fühlenden normalen Deutschen macht. „Diese Menschenmassen“, antwortet Gabalier enthusiastisch auf die Frage Lindhorsts, was er denn fühle, wenn er auf die Bühne komme, „diese Menschenmassen“, für die sei das alles mehr als Musik. Es gehe um Abschalten im stressigen, „virtuell bestimmten Alltag“. Die Leute wollten halt auch „von Angesicht zu Angesicht eine Gaudi haben“.
Das führt zur Eingangsfrage: Ist der Gabalier nun rechts, oder ist er das nicht. Was, bitte schön, ist an deutschen Massen, die sich zu Gabalier-Songs in Volksekstase wiegeln, schon rechts? Wäre schön, wenn da mal jemand kritisch nachfragen würde.
Leser*innenkommentare
Frau Kirschgrün
Küssen soll "eklig" sein? Aber versteckte rechte Idiologien sind es nicht? DIE sind obereklig!
Das ist doch der Trick der "neuen"alten Rechten: immer knapp am Rechtsvokabular, am tief empfundenen Hass und am Rechtsbruch vorbei. DAS ist eklig und "schafspelzig" (gefällt mir, das Wort 😉).
Wer küssen (in der Öffentlichkeit) eklig findet, sollte seine gesamte Art zu leben überprüfen und am besten im Ganzkörper-Kondom rumrennen oder Sagrotan trinken.
Am Handy und über soz."Medien" gibt es keine echten Gefühle, das sind dann auch nur Nullen und Einsen…
Wenn Gabalier nicht rechts ist, bin ich Marilyn Monroe…
Und auf "Traditionen" (besonders Frau am Herd, bzw. im Dirndl) haben sich die Nazis ja gerne berufen… Misogynie at its best.
Schiss vor ·Frauen· hat er, der Kloane … und diesem "Leut" zuzuhören kostet auch noch richtig viel Geld. Mir unverständlich.
Ach, und Journalisten teilen sich wie alle Menschen in "Gute" und "Schlechte" – nur leider ist "schlecht" im Journalismus ungleich gefährlicher und noch weniger akzeptabel, m. E..
05158 (Profil gelöscht)
Gast
Am rechten Ohr VORBEI
Andreas Gabalier
ins linke Ohr HINEIN
Hubert von Goisern
Lebwohl
es gäbe so viel was da i noch sagen möcht
nur zwischen tür und angel red' es sich so schlecht
und weil i sowieso nit woaß wo i anfangen soll
sag i einfach nur - lebwohl
i siag di fort gehen und dein schritt der hat was leichts
du hast nur g'sagt, de zeit is kemma für was neues
aber i, i fallert so gern wieder z'ruck in deine arm
da war 's allweil so schön warm
die brief die i dir g'schriebn hab, lieg'n noch da bei mir
und a des bildl von dir steht noch da auf mein' klavier
und jed'smal wenn i's anschau lachst mi' an grad so als wie
an dem tag wos d' aussi bist bei meiner tür
lebwohl...
88181 (Profil gelöscht)
Gast
Ich würde einfach mal sagen, die Texte von Gabalier sind schwachsinnig und reaktionär. Mal mehr das eine, mal mehr das andere:
"Kameraden halten zusammen ein Leben lang,
Eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt
Wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht
Und selbst dem allerstärksten Sturmwind widersteht"
"Es schmeichelt uns sehr, doch es macht uns net an
Warum muss denn a Dirndl heut sein wie a Mann
Völlig verbissen, schon fast verkrampft emanzipiert
So dass man die ganze Freud am Knuspern verliert
Aber jeder von uns steht halt net auf an Mann
Wir beißen viel lieber an am echten Dirndl an"
Und die Musik, wenn man das so nennen will, ist unter aller Würde.
Hampelstielz
Völkische Einstellung und Homohass. Beantwortet die Frage, denke ich. Es gibt ja bereits eindeutige Äußerungen dieses Menschen.
wauz
@Hampelstielz Und es gibt eine Musikindustrie, die Geld mit Tonträgern machen will. Und sich "journalistische" Hampelmänner hält....
Saile
@Hampelstielz Naja, „Homohass“...das ist ein bisschen zu heftig ausgedrückt...ja, er hat sich schon kritisch über seiner Meinung nach zu viel Sichtbarkeit von Homosexuellen in der Öffentlichkeit geäußert, aber immer gleich Hass zu unterstellen...wissen Sie, Hass ist ein sehr heftiges und schlimmes Gefühl...ich glaube nicht das Andreas Gabalier homosexuelle Menschen wirklich hasst.
Hampelstielz
@Saile Ich finde es halt immer etwas abstrus, das Wort "Homophobie" zu verwenden, weil es sich einfach nicht um eine Phobie handelt. Vielleicht hätte ich schreiben sollen: "Verachtung von Menschen ohne typisch heterosexuelle Orientierung". Verachtung und Hass liegen ziemlich nah beieinander. Was Gabalier genau empfindet kann ich nicht wissen. Aber die Sichtbarkeit von Menschen zu kritisieren ist keine friedliche Haltung diesen gegenübern.
Parabel
@Saile Ehrlich gesagt mag ich diesen Gabalier und seine Sprüche überhaupt nicht und würde nie auf die Idee kommen, auf eines seiner Konzerte zu gehen. Aber in der Öffentlichkeit aufzutreten sollte nur verboten werden, wenn er Dinge tut und sagt, die nicht mit dem Grundgesetz oder anderen Gesetzen vereinbar sind.
Was also - wenn nicht Hass bzw. Ekel - kann Gabalier dazu bewegen, das Auftreten Homosexueller in der Öffentlichkeit einschränken zu wollen? Alles, was weniger heftig ist, würde dafür nicht ausreichen. Ich kann ja auch nicht sagen: Ich finde alte Männer nicht so ansprechend, die erinnern mich und meine Kinder an den Tod - deswegen sollen sie sich nicht so in der Öffentlichkeit zeigen
Und sorry, warum sollten Mann und Frau knutschen dürfen, aber zwei Männer/zwei Frauen nicht? Sex in der Öffentlichkeit kann er ja nicht gemeint haben - der ist ja verboten...
Saile
@Parabel Ja, Ekel trifft es vielleicht ganz gut...und natürlich geht mir sein messen mit zweierlei Maß auch auf die Nerven, nur was jetzt das Küssen betrifft: Das finde ich in der Öffentlichkeit generell eklig, möchte ich bei niemensch sehen, gleich welche(s) Geschlecht(er)...auf vielen Festivals ist es aus Gründen der Gleichberechtigung nicht erwünscht wenn Männer oben ohne herumlaufen, vielleicht wäre das was das Küssen in der Öffentlichkeit betrifft auch angemessen...
nun_aber_mal_halblang
@Saile Ach Saile,
hast Du jemals wirklich geliebt?
Was habe ich schon aus Liebe die Zeit und die ganze Welt vergessen. Was kann bitte an küssen und knutschen eklig sein?
???
05158 (Profil gelöscht)
Gast
@nun_aber_mal_halblang Ich kann nicht anders...;)....
(besonders der letzte Satz lässst mich vergnügt ein Teechen schlürfen)
Das Kuß-Gedicht
Der Menschheit größter Hochgenuß
ist ohne Zweifel wohl der Kuß.
Er ist beliebt, er macht vergnügt,
ob man ihn gibt, ob man ihn kriegt.
Er kostet nichts, ist unverbindlich
und er vollzieht sich immer mündlich.
Hat man die Absicht, daß man küßt,
so muß man erst mit Macht und List
den Abstand zu verringern trachten
und dann mit Blicken zärtlich schmachten.
Die Blicke werden tief und tiefer,
es nähern sich die Unterkiefer.
man pflegt dann mit geschloß'nen Augen
sich aneinander festzusaugen.
Jedoch nicht nur der Mund allein
braucht eines Kusses Ziel zu sein.
Man küßt die Wange und die Hände
und auch noch and're Gegenstände,
die ringsherum mit Vorbedacht
sämtlich am Körper angebracht.
Auch wie man küßt, das ist verschieden
Im Norden, Osten, Westen, Süden.
So mit Bedacht und mit Gefühl,
der eine heiß, der and're kühl.
Der eine haucht, der and're schmatzt,
als ob ein alter Reifen platzt.
Hingegen wiederum der Keusche
vermeidet jegliche Geräusche.
Der eine kurz, der and're länger,
den längsten nennt man Dauerbrenner.
Ein Kuß ist, wenn zwei Lippenlappen
in Liebe aufeinanderklappen
und dabei ein Geräusch entsteht,
als wenn die Kuh durch Matsche geht.
Gerrit Engelke
Parabel
@Saile Aber es spielt doch eben keine Rolle, was man selbst gut findet oder nicht. Egal ob es Alte, Schwule, Dicke, Dünne, Knutschende, Anzugträger, Tussys oder Machos, Ökos, Teenys, Hunde und Katzen oder was auch immer sind.
Nur weil ICH etwas nicht mag, kann ich doch nicht anderen ihr Dasein oder ihre Lebensweise verbieten. Loriot würde dazu vielleicht sagen: "Wo kommen wir denn da hin?!"
Tipp: Nicht beachten geht bei Knutschenden problemlos, weil sie ja schlecht sprechen können dabei...
Saile
@Parabel Richtig, es geht nicht darum was MIR alleine gefällt oder nicht, sondern um allgemeine mehr oder weniger verbindliche Verhaltensweisen wie WIR alle uns in der Öffentlichkeit so verhalten dass WIR möglichst nicht die persönlichen Grenzen unserer Mitmenschen verletzen...
Und @ Nun_aber_mal_halblang: Natürlich habe ich schon echte Liebe verspürt und auch weitergegeben, zumindest mir bei letzterem diesbezüglich viel Mühe gegeben...nur: Hierzu ist ja wohl kein Speichelaustausch notwendig! Ist bei der Liebe zu Gott beispielsweise ja auch nicht nötig bzw. nur schwer möglich.