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Grünen-Sprecherin über Treffen mit AfD„Ich fordere eine Erklärung“

Sollten sich Kulturvertreter mit AfD-Politikern treffen dürfen? Mirjam Schmidt, kulturpolitische Sprecherin der Grünen in Hessen, findet: nein.

In Hessen fürchte man um die Vielfalt, sagen Kulturschaffende Foto: photocase/Marie Maerz
Interview von Lisa Winter

Im Juli traf sich Hans Joachim Mendig, Chef der hessischen Filmförderung mit dem AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen zum konstruktiven politischen „Gedankenaustausch“. Die Kulturszene in Hessen fordert nun Aufklärung.

taz: Frau Schmidt, Sie sagen, das Treffen zwischen Hans Joachim Mendig und dem AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen habe Sie irritiert. Warum?

Mirjam Schmidt: HessenFilm und Medien ist die Institution, die die ganzen Fördermittel im Bereich Film vergibt. Betrachtet man jetzt die kulturpolitischen Forderungen der AfD, die eine ideologische Entschlackung der Filmförderung fordern, die also die Vielfalt einschränken soll, ist die Frage, warum der Geschäftsführer des HFM sich mit einem AfD-Politiker trifft. Wir sind in einer Demokratie, in der sich jeder mit jedem treffen kann. Nur die Frage ist, welche öffentliche Wirkung dieses Foto hat. Deswegen hat mich – und die ganze Kulturszene – das einfach irritiert. In diesem Fall finde ich, das Berufliches und Privates nicht zu trennen sind, wenn man Repräsentant einer öffentlichen Institution ist.

Was erwarten Sie von Herr Mendig?

Ich fordere eine Erklärung, was Herr Mendig denn genau unter einem „politischen Gedankenaustausch“ versteht. Man muss sich in einer Demokratie auch hinterfragen lassen und bisher hat Herr Mendig sich verwehrt und dazu nicht geäußert.

In Medienberichten heißt es, Herr Mendig und die Kulturszene hätten sich schon länger entfremdet. Was ist damit gemeint?

Die Grünen
Im Interview: Mirjam Schmidt

ist MdL in Hessen und Sprecherin für Kunst und Kultur der Grünen-Fraktion.

Das Problem ist, das die hessische Filmszene sich bisher nur verhalten öffentlich äußert. Es gab zwar offene Briefe, Online-Petitionen und Erklärungen von Filmschaffenden auf Bundesebene, aber in Hessen sind sie eher zurückhaltend, da sie befürchten, dass sie sonst keine Förderung mehr bekommen. Das spricht für ein ungesundes Verhältnis zwischen Filmszene und Filmförderung. Ich habe viele Zuschriften bekommen, dass die Kulturschaffenden Angst um die kulturelle Freiheit und Vielfalt in Hessen haben. Diese Unsicherheit haben wir alle, wenn sich jemand zu einem „konstruktiven politischen Gedankenaustausch“ mit der AfD trifft. Das Zeichen, das damit gesetzt wird, ist verheerend. Wir müssen die Kulturschaffenden schützen.

Wie soll das aussehen?

Im ersten Schritt wäre es einmal wichtig, dass Herr Mendig sich äußert und dazu Stellung nimmt. Ich als Abgeordnete und kulturpolitische Sprecherin kann nur versuchen, Öffentlichkeit zu schaffen und diese zu unterstützen. Darum hoffe ich, dass noch viel mehr Stellungnahmen von Kulturschaffenden kommen.

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6 Kommentare

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  • Tja- in Hessen, so hat man das Gefühl, werden eh NUR noch Rechte unterstützt.....

  • 7G
    75026 (Profil gelöscht)

    1) Ich finde nicht, dass es Frau Schmidt irgendetwas angeht, mit wem sich Herr Mendig privat trifft.

    2) Ich finde, dass Öffentliches und Privates sehr wohl voneinander zu trennen ist, gerade wenn man Repräsentant einer öffentlichen Institution ist.

    3) Ich finde es absolut unangemessen, von Herrn Mendig eine Erklärung zu diesem privaten Treffen zu fordern.

    [...]

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  • Wovor muss man denn die Kulturschaffenden "schützen"? Dass sie keine Steuegelder mehr bekommen für ihre Werke?



    Haben sie einen Anspruch darauf oder gibt es nicht ohne Grund "Förderrichtlinien"? Mir scheint, im Bereich der Kultur hat sich so eine Art "Schlaraffenland-Haltung" etabliert, wonach man alles Geld zu bekommen habe, das man für seine Kunst angeblich braucht - und niemand darf irgendwas hinterfragen, das ist dann gleich ein Angriff auf die Freiheit der Kunst. Diese bedeutet aber nur, dass "Verbote" äußert streng reglementiert sind (zu Recht), nicht dagegen, dass alles, was jemand für Kunst hält, von Steuern vollfinanziert werden muss.

    • @Dr. McSchreck:

      "Schlaraffenland" ist abgebrannt - es werden deutlich mehr Projekte in den Förderungen abgelehnt, als gemacht. Jede Einreichung muss - mit hohem Aufwand - begründet werden. Egal, wie man zu dem System steht - die Anmutung, dass da eine Art Selbstbedienungsladen besteht ist schlichtweg falsch.

    • @Dr. McSchreck:

      Irgendwie Scheiße, wenn die Kulturszene fast flächendeckend etwas gegen die „neutral“-kulturellen Zensurbestrebungen derAfD hat. Umso wichtiger für die AfD, sie zu drangsalieren und zum Schweigen zu bringen, schließlich saugt sie ihren Honig aus dem Motto „Viel Feind, viel Ehr‘“. Diese realexistierende Abart von „Verbotspartei“ ist eine, die sich zum Ziel gesetzt hat, das kulturelle Leben zum Stillstand zu bringen, Endziel: Springer, Musicals und Privatfernsehen garniert mit Häme und Eierkuchen.

    • @Dr. McSchreck:

      Es geht nicht um die allgemeine Förderung, sondern dass eine AfD über so einen "politischen Gedankenaustausch" Einfluss nimmt auf die Vergabepraxis und so eine gezielte Beeinflussung stattfindet, was wir von "der Kultur" zu sehen und hören bekommen.



      Da das weitgehend im Verborgenen stattfindet ist die Angst einer Indoktrinierung sehr wohl angebracht.