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Gar nicht so königlich

Im ersten weiblichen Clásico unterliegt der CD Tacoń, bald wohl offiziell Frauenabteilung von Real Madrid, dem FC Barcelona heftig mit 1:9

Patricia Guijarro Gutierrez vom FC Barcelona präsentiert mal ihrer Gegenspielerin Ainoa Campo, wie filigrane Technik geht Foto: reuters

Aus Barcelona Florian Haupt

Was in diesen Momenten wohl Florentino Pérez zu Hause denkt? Vor den Toren Barcelonas taucht die Abendsonne den Himmel über dem neuen Johan-Cruyff-Stadion in blauorangenes Licht, und auf dem Platz setzte es für die Spielerinnen in Weiß ein Gegentor nach dem anderen. Dabei verteidigen sie doch das stolze Wappen von Real Madrid. Pérez mag denken: Worauf habe ich mich da bloß eingelassen?

Am kommenden Sonntag wird der Real-Präsident seine Mitglieder entscheiden lassen, ob sie den Kauf der Lizenz des CD Tacón genehmigen, der damit offiziell als Frauenabteilung in den Verein eingegliedert wird. Die Zustimmung gilt als Formsache. Schon jetzt trainiert Tacón auf dem Vereinsgelände von Real, und Neueinkäufe des Sommers unterschrieben ihre Verträge auf Real-Briefpapier. Zum Ligaauftakt in Barcelona versinnbildlichen die Trikots das aktuelle Zwischenstadium: vorn tragen die Spielerinnen noch das Design ihres alten Vereins, hinten aber schon das aktuelle von Real: goldene Rückennummern mit dem königlichen Emblem.

Umdenken in Deutschland

Ist: In Deutschland unterhalten längst nicht alle großen Klubs im Männerfußball professionelle Frauenabteilungen. Die Großklubs Borussia Dortmund und Schalke 04 etwa haben bislang kein Interesse gezeigt, sich für Frauen zu öffnen. Derweil haben der VfL Wolfsburg und der FC Bayern München in den vergangenen Jahren die Frauenmeisterschaft unter sich ausgemacht.

Soll: Nach dem Wunsch den designierten DFB-Präsidenten Fritz Keller soll die Lizenzierung eines Klubs für die Bundesliga mit dem Engagement für den Frauenfußball verknüpft werden. Bundesligisten müssten demnach selbst ein Frauenteam unterhalten oder einen bestehenden Frauenfußballverein unterstützen. Das meinte Keller am Freitag am Rande einer Ehrung für die besten Nachwuchsspielerinnen des Jahres. Sollte dies so kommen, bedeutet das eine Abkehr von der bisherigen DFB-Politik.

Und in denen bekommen sie im Prototyp eines Frauen-Clásico beim FC Barcelona auf dessen Campus also ein 1:9 (0:4) verpasst. Während die Gastgeberinnen den 5.413 Zuschauern gekonnt das hauseigene Passspiel und Pressing zeigen, nähert sich der Auftritt der frisch aufgestiegenen, aber um internationale Stars verstärkten Gäste an diesem Samstagabend dem Slapstick. Ohne Pfostenglück, ein paar wohlwollende Abseitsentscheidungen und etliche Libero-Aktionen von Torhüterin Yohana würde es noch übler ausgehen. Dabei hatte Pérez bereits vor Jahren betont: „Dieser Verein kann kein Fußballteam haben, das nichts gewinnt. Wenn es gemacht wird, muss es gut gemacht werden.“

Seit Langem war er zum Einstieg in den Frauenfußball gedrängt worden. So virulent war das Thema, dass das 2014 gegründete Tacón von Beginn an auf das jetzt eingetretene Szenario spekulierte. Die ambitionierte Präsidentin Ana Rosell unterbreitete Real mit ihrer Betreiberfirma „AR10“ früh einen entsprechenden Vorschlag. Ihren Klub leuchtete sie so grell aus – „Tacón“ heißt „Hacke“, aber auch „Absatz“, und das Wappen zeigt tatsächlich einen Fußballschuh mit rosa Stiletto –, dass es schon an freiwilligen Sexismus grenzte. Bald kam René Ramos, Bruder und Berater des Real-Kapitäns, als Vizepräsident dazu. Das Abkommen beinhaltete eine Zusammenarbeit beim Talentscouting, denn der Agent macht inzwischen auch in Spielerinnen. Indiz dafür, dass immer mehr Branchenakteure im Frauenfußball ein gutes Geschäft sehen.

Immer mehr Branchenakteure sehen im Frauenfußball ein gutes Geschäft

In Spanien wächst er derzeit noch ein bisschen schneller als anderswo. Diese Saison kassieren die Klubs erstmals für ihre TV-Rechte, 3 Millionen Euro insgesamt. Und erneut dürften zahlreiche Spitzenpartien in die ­Männerstadien wandern, wie im März jenes zwischen Atlético und Barça, als 60.739 Besucher den Weltrekord für ein Frauen-Klubspiel aufstellten. Die Bundesliga, einst das Maß aller Dinge, dürfte eingeholt sein. Vorige Saison schlug Barça im Champions-League-Halbfinale den FC Bayern, dabei belegte es in der Meisterschaft nur Platz zwei hinter Atlético.

In einem Punkt hängt Deutschland den übrigen Fußballnationen sogar hinterher. Während in Spanien nun alle Traditionsklubs von Bilbao bis Valencia auch Frauenteams ins Rennen schicken, gab es zuletzt unter den Achtelfinalisten der Männer-Champions-League neben Real nur zwei weitere Klubs ohne Frauenfußballteam: Borussia Dortmund und Schalke 04. Im Frauenfußball ziehen dieselben Namen wie bei den Männern. Auch die schwedischen WM-Dritten Sofia Jakobsson und Kosovare Asllani sind gewiss nicht gekommen, um für CD Tacón zu kicken. In ihren sozialen Netzwerken verkündeten sie jedenfalls, beim „größten Verein der Welt“ angeheuert zu haben. Nach dem Schlusspfiff gibt es auch für Tacón freundlichen Applaus, der Frauenfußball ist insofern noch anders. Wie lange das so bleiben wird, wenn mit dem Boom auch die Rivalität zunimmt? Fürs Erste stellt sich dem künftigen Real Madrid eine andere Herausforderung: die Liga zu halten.

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