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Die WahrheitGastfreundschaft mit ÄhBiEnBi

Kolumne
von Jenni Zylka

Endlich! Die Lösung aller Geldprobleme! Zimmer untervermieten an Touristen! Jetzt muss nur noch Mutter in eine Ecke weggeräumt werden.

A ls neulich bei einem Abendessen mit Freunden die siebte Flasche Champagner geöffnet wurde und sie die gefüllten Kristallgläser salopp neben das Kobe-Rind-Wienerschnitzel mit Beluga-Kaviar-Soße schoben, wurde ich neugierig. Und fragte beim Black-Ivory-Kaffee nach dem Grund für den neuen Reichtum. „Seit die Kinder aus dem Haus sind, vermieten wir ihre Zimmer über Airbnb!“, sagten sie. „Wir verdienen sozusagen Geld im Schlaf.“

Wenn man noch zum Schlafen kommt. Ich fragte mich, ob es mich nicht doch stören würde, dass jemand Fremdes in der Wohnung schnarcht, wenn ich nachts haubitzenvoll nach Hause wanke. Oder umgekehrt. Oder wenn ich am nächsten Morgen nur mit einer Kopfschmerztablette bekleidet zum Bad strunkel. Vor allem, wenn dann das Speibecken besetzt ist.

Dennoch sah ich die Chance, informierte mich im Netz und untersuchte unsere Wohnung auf Mitwohnqualitäten. In einer Ecke hinter dem Bett, da wo die gebrauchten Papiertaschentücher liegen, könnte man einen kleinen Single-Wasserkocher deponieren, eine Plastikdose mit Teebeuteln, ein paar im Café geklaute Zuckertütchen und einen Eierbecher mit Nescafé dazu – fertig ist die Kaffee-Teestation! Ganz wie im Waldorf!

Wenn ich die einzelnen Socken beiseite schiebe, kann der Gast zudem meinen Schrank mitbenutzen. Und unser zweites Handtuch liegt auch noch zusammengerollt zwischen den Doppelfensterhälften, um den Regen, die Kälte und die Käfer abzuhalten.

Im Wohnzimmer darf er sich auch gern aufhalten, wir sollten nur endlich die leeren Flaschen wegwerfen, dann hätten wir den Platz. Der Gast muss ja nicht unbedingt den Lehnstuhl benutzen, in dem meine sehschwache Mutter den ganzen Tag sitzt und raucht – habe ich erwähnt, dass ich noch bei ihr wohne? Sie redet aber eh nicht mehr viel, und an den pfeifenden Atem gewöhnt man sich schnell.

Ansonsten müsste man dem Gast ein paar Eigenheiten der Wohnung zeigen, damit ihm der olle Gasherd nicht um die Ohren fliegt, wie uns das schon so oft passiert ist – man kann ja als Fremde nicht riechen, dass die vordere Flamme immer sofort dreißig Zentimeter hochlodert. Und apropos riechen – wir wissen auch nicht genau, was das ist in der Küche, aber man gewöhnt sich dran. Vermutlich doch nur ausgelaufene Milch.

Vielleicht, begann ich mir auszumalen, könnte man den Gast ja sogar richtig persönlich kennenlernen – damit werben die Unterkunftvermittlungen doch immer! Womöglich kann der Gast ja auch kochen! Und putzen! Und einkaufen! Und Pediküre – da freut sich vor allem meine Mutter!

Man wird sich eh etwas nahekommen müssen, so groß ist unsere Wohnung nicht. Wir haben, ehrlich gesagt, auch kein separates Bett, aber das Problem habe ich auch schon gelöst: Unseren „gemütlichen Schlafplatz in Berlin“ habe ich soeben unter der Überschrift „Pension Besucherritze“ eingestellt. Ich freue mich über Zuschriften.

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1 Kommentar

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  • Vorschlag zur Güte jenseits ehra - Ritze!

    “Hängeboden - mitze - mitze.“

    unterm— falls etwa - 👻 👻 👻



    Jefrauman - nich - öh - Wechseln kann!?

    1. Mal Klaus Theweleit - zum Arbeitsmann.



    “Bett - mit - mit.“ Schicht Schicht & quitt.



    & 2. dazu die Kombi - Hängeboden -



    “In der Vergangenheit diente ein Hängeboden in Bauernhäusern als Schlafraum für Knechte oder Ablage. Bis ins 19. Jahrhundert wurde er auch noch in Stadthäusern verwendet.[2] In Deutschland sowie in Frankreich lebten auch wohl situierte bürgerliche Familien zentrumsnah in Etagenwohnungen. Diese Wohnungen boten weit weniger Möglichkeiten, das für den bürgerlichen Status notwendige Dienstmädchen unterzubringen. Das nicht beheizte Mansardenzimmer als Schlafgelegenheit für das Dienstmädchen war der Ausnahmefall. Häufig schlug das Dienstmädchen sein Bett am Abend in der Küche, im Bad oder im Flur auf. In allen europäischen Großstädten schliefen Dienstmädchen aber auch in den Hängeböden. Dies waren kleine Gelasse, die dadurch entstanden, dass man in den hohen Wohnräumen eine zusätzliche Decke über der Speisekammer, über dem Bad oder über dem Flur einzog. Eine der treffendsten Beschreibungen eines Hängebodens ist in Theodor Fontanes Roman Der Stechlin (1899) übermittelt, der ein Dienstmädchen folgendes berichten lässt:

    „Immer sind [die Hängeböden] in der Küche, mitunter dicht am Herd oder auch gerade gegenüber. Und nun steigt man auf eine Leiter und wenn man müde ist, kann man auch runterfallen. Aber meistens geht es. Und nun macht man die Tür auf und schiebt sich in das Loch hinein, ganz so wie in einen Backofen. Das is, was sie 'ne Schlafgelegenheit nennen. Und ich kann Ihnen bloß sagen: auf einem Heuboden is es besser, auch wenn Mäuse da sind. Und am schlimmsten ist es im Sommer. Draußen sind dreißig Grad, und auf dem Herd war den ganzen Tag Feuer; da is es denn, als ob man auf den Rost gelegt würde.“



    de.wikipedia.org/wiki/H%C3%A4ngeboden