FragDenStaat scheitert mit Klage: Rechte Namensliste bleibt geheim
Die Transparenz-Aktivisten von FragDenStaat hatten geklagt, dass das BKA rechte Namenssammlungen veröffentlicht. Nun sind sie gescheitert.
Die taz hatte umfassend über die Preppergruppe „Nordkreuz“ berichtete, die Teil eines bundesweiten Netzwerkes ist, in dem sich unter anderem Elite-Soldaten, Polizisten und private Sicherheitskräfte vernetzen und teilweise mit paramilitärischen Übungen auf einen Tag X vorbereiten.
Bei zwei Durchsuchungen 2017 und 2018 hatte das BKA bei Nordkreuz-Mitgliedern Namenssammlungen beschlagnahmt. Die Listen wurden fortan in den Medien als „Feindes-“ oder gar als „Todeslisten“ bezeichnet, weil Nordkreuz-Mitglieder im Fall eines Zusammenbruchs der Ordnung politische Gegner töten wollten. Der Großteil der Daten, nach BKA-Angaben etwa 24 100 Namen, stammt aus dem bereits 2015 erfolgten Hack einer Kundenkartei des Punk-Versands „Impact“. Mehrere hundert weitere Namen stammen aus neuen Namens- und Material-Zusammenstellungen von Nordkreuz-Mitgliedern. Zusammen soll es laut BKA um knapp 25.000 Datensätze gehen.
Arne Semsrott verlangte schon im August 2018 die Herausgabe der Listen und berief sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Er wolle als Journalist darüber berichten, insbesondere über die Gefahren, die Journalisten drohen, die auf der Liste stehen. Doch Semsrott hatte auch einen Hintergedanken: Weil es um persönliche Daten geht, müsste das BKA zunächst alle Betroffenen fragen, ob sie mit der Herausgabe ihrer Namen einverstanden sind. So wäre das BKA gezwungen gewesen, alle Personen zu informieren, die auf der Liste stehen.
Doch das BKA lehnte den Antrag im November 2018 ab. Semsrott habe kein vorrangiges Interesse an der Herausgabe der schutzbedürftigen Daten von Dritten. Außerdem bestehe kein Anspruch auf Herausgabe, weil die Daten aus einem Ermittlungsverfahren stammen.
FragDenStaat verzichtet auf ein Urteil
Im Prozess vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden wurde schnell deutlich, dass auch die Richter keinen Anspruch auf Herausgabe der Listen sehen. Entscheidend war für sie das noch laufende Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts gegen zwei Nordkreuz-Mitglieder wegen „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Um Geld zu sparen, verzichtete Semsrott daraufhin auf ein Urteil und erklärte das Verfahren für erledigt.
Zuvor hatte der Vorsitzende Richter Hans-Hermann Schild das Verhalten des BKA in diesem Verfahren als „Rumgeeiere“ kritisiert. Die Argumentation des Amtes nannte er „nebulös“ und „semiprofessionell“. Auch über den Kläger äußerte der Richter Unverständnis. Wenn Semsrott über die Gefährdung von Journalisten schreiben wolle, so solle er sich mit einem presserechtlichen Anspruch direkt an den Generalbundesanwalt wenden, empfahl Richter Schild. Eine Informationen aller Betroffenen – die eigentliche Intention Semsrotts – wäre so aber nicht zu erreichen.
Inzwischen haben die Landeskriminalämter von Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Brandenburg begonnen, Betroffene zu informieren, dass sie auf den Nordkreuz-Listen stehen. (AZ 6 K 376/19. WI)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen