: Salvini muss abwarten
Italiens Ministerpräsident Conte wird sich erst später einem Misstrauensvotum stellen müssen
Aus Rom Michael Braun
Italiens Regierungskrise ist zunächst einmal auf nächste Woche vertagt. Am Dienstagabend traten die eilends aus dem Urlaub zurückgerufenen Senatoren zu einer Geschäftsordnungsdebatte zusammen, da die rechte Lega von Innenminister Matteo Salvini ihren Misstrauensantrag gegen die Regierung noch am 14. August abgestimmt sehen wollte.
Doch der Senat votierte gegen Salvinis Ansinnen. Eine Allianz aus dem bisherigen Koalitionspartner der Lega, dem Movimento5Stelle (M5S – 5-Sterne-Bewegung), und dem oppositionellen Partito Democratico (PD) beschloss hingegen, das Haus erst für den 20. August zusammenzurufen. Und auch dann steht nicht der Misstrauensantrag der Lega auf der Tagesordnung, sondern die „Mitteilungen des Ministerpräsidenten“ Giuseppe Conte, der ausführlich mit der ihm abtrünnigen Lega abrechnen will. Conte hatte vergangene Woche zu verstehen gegeben, dass er in der Krise vor das Parlament treten und nicht direkt zu Staatschef Sergio Mattarella gehen will.
Das Votum vom Dienstag hat vorneweg symbolischen Wert. Mit ihm zeigten M5S und PD Salvini, dass er nicht bloß deshalb Herr des Verfahrens ist, weil er sich das wünscht. Salvini hatte mit den ihm eigenen gewohnt vulgären Tönen verlangt, die Senatoren sollten gefälligst den „Arsch hochkriegen“, um seinen Misstrauensantrag umgehend abzunicken, das Land habe keinen Tag zu verlieren.
Votum ist möglicher Vorbote einer neuen politischen Allianz
Zugleich aber war das Votum auch Vorbote einer möglichen neuen politischen Allianz aus Fünf Sternen und PD mit dem Ziel, die Nachfolgeregierung zu bilden, ohne zu Neuwahlen zu schreiten. Zwar haben die beiden politischen Kräfte sich bis vor wenigen Tagen nach Kräften beschimpft – jetzt aber geht es beiden darum, Salvinis Durchmarsch zu verhindern.
In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob diese eher bescheidene Schnittmenge reicht. M5S will vorneweg die Verabschiedung der Verfassungsreform zur Verkleinerung der beiden Häuser des Parlaments. Nur noch ein Votum des Abgeordnetenhauses steht aus, damit diese Reform in Kraft tritt.
Der PD jedoch hat bisher immer gegen diese Reform gestimmt. Überraschend bot jetzt Salvini in der Senatsdebatte vom Dienstag an, die Lega könne nächste Woche die Reform durchwinken, wenn es dann zu umgehenden Neuwahlen komme. Doch das M5S reagierte mit der Gegenforderung, dann müsse die Lega auch ihren Misstrauensantrag zurückziehen. Darauf wiederum wird sich die Lega nicht einlassen. Vor diesem Hintergrund bleibt als einzige Alternative die zwischen einem Regierungspakt PD/M5S oder aber Neuwahlen im Herbst.
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