das portrait: Hella Schwemer will die Bibliothek für alle
Wenn Hella Schwemer über die Hamburger Bücherhallen spricht, geht es um mehr als darum, gute Bücher und eine Menge digitaler Medien bereit zu halten. Nicht weniger als ein „Ort der Daseinsvorsorge“ sind die Bücherhallen für die scheidende Direktorin. Und das bedeutet in der Praxis: Treffpunkt für Menschen jeden Alters und jeden Milieus. Es bedeutet Aufklärung, und darunter versteht Hella Schwemer weniger, Plato im Original vorzuhalten – das sei Aufgabe der wissenschaftlichen Bibliotheken –, als die Differenzen im Zugang zu Bildung wenigstens ein Stück weit einzuebnen. Rund 20.000 Veranstaltungen organisieren die Hamburger Bücherhallen im Jahr, 18.000 dienen der Förderung von Lese- und Medienkompetenz.
So stolz die 65-Jährige auf die Akzeptanz der Bücherhallen mit fünf Millionen BesucherInnen pro Jahr ist – der Beginn ihrer Amtszeit 1994 gestaltete sich durchaus rumpelig. Sparvorgaben führten dazu, dass innerhalb von zwei Jahren zwölf Standorte geschlossen werden mussten. Die Konzepte, wie man dennoch möglichst viele HamburgerInnen erreichen könnte, waren in der Belegschaft umstritten.
Hella Schwemer sagt, dass aus ihrer Irritation über den Widerspruchsgeist der KollegInnen Stolz geworden ist. Und dass der dazu geführt hat, dass beim Schrumpfungs- und Modernisierungsprozess immer wieder überlegt wurde: Welche Dienstleistungen sind sinnvoll und welche nicht? Die Bücherhallen sind zu technikaffinen Orten geworden, mit Rückgabe- und Bezahlautomaten und Open Libraries, die zu gewissen Zeiten komplett ohne Personal auskommen.
Im steten Modernisierungsprozess, so sagt Schwemer, „bleibt kein Gedanke ungedacht“. Ein wiederkehrender ist bislang unerfüllt geblieben: mehr Platz für das Flaggschiff, die Zentralbibliothek am Hühnerposten, nahe dem Hauptbahnhof. Deren 8.000 Quadratmeter – von den 25.000 Quadratmetern in Amsterdam muss man gar nicht träumen – werden eng für die Besucherströme und der Lesesaal, der dem konzentrierten Lesen gewidmet ist, misst gerade mal 20 Quadratmeter. Den Gruppen junger Migranten, Studierenden und ruhebedürftigen Bildungsbürgern gleichermaßen gerecht zu werden, ist schwierig.
Mehr Platz und die Möglichkeit, sonntags zu öffnen, das wünscht die scheidende Direktorin, die im September in Pension geht, ihrer Nachfolgerin. Sie hinterlässt eine klare Leitlinie: eine Bibliothek „für alle Bürger zwischen eins und 101, die am vielfältigen Leben in der Stadt teilhaben wollen“. Friederike Gräff
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