: Bewerber Nummer 13
Bundesfinanzminister Olaf Scholz will nun doch SPD-Parteichef werden. Eine heikle Doppelrolle
Aus Berlin Barbara Dribbusch
Zuerst schien es, als wolle niemand aus der ersten Reihe der amtierenden SPD-Politiker den Job haben. Doch jetzt hat sich einer noch mal gemeldet: Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat einem Bericht des Spiegels zufolge, der aus Parteikreisen bestätigt wurde, angekündigt, für den Vorsitz der SPD zu kandidieren. „Ich bin bereit anzutreten, wenn ihr das wollt“, sagte Scholz nach Informationen des Blattes am Montag während einer Telefonkonferenz mit den Interimsvorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel.
Scholz hatte noch im Juni nach dem Rücktritt von Andrea Nahles erklärt, er könne aus zeitlichen Gründen neben seiner Tätigkeit als Finanzminister nicht für den Parteivorsitz zur Verfügung stehen. Diese Meinung hat er laut dem Medienbericht geändert, weil niemand aus der ersten Reihe für den Vorsitz der SPD kandidieren wollte und in der Parteispitze die Angst vor einem weiteren Absturz der Partei in der Wählergunst gewachsen ist. Derzeit sondiere er das Feld und suche eine Tandempartnerin, mit der er als Doppelspitze für den Parteivorsitz antreten könne, hieß es. Seine Regierungsämter als Finanzminister und Vizekanzler will der 61-Jährige nach Informationen aus seinem direkten Umfeld auch bei einer Bewerbung um den Parteivorsitz behalten.
Scholz ist der 13. Bewerber um den Posten des Parteichefs. Zuletzt hatten der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius und die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping im Duo ihre Bewerbungen für den Parteivorsitz angekündigt, desgleichen Gesine Schwan, Chefin der Grundwertekommission der Partei, und Parteivize Ralf Stegner.
Scholz war ein Verfechter der Agenda 2010. Von 2007 bis 2009 amtierte er als Bundesarbeitsminister. Vor einigen Monaten forderte er, den Mindestlohn auf 12 Euro zu erhöhen. Der zunehmend ausländerfeindlichen Politik, mit der Sozialdemokraten in Dänemark wieder Stimmen im Land gewinnen, erteilte er eine Absage.
Bliebe Scholz Finanzminister und würde gleichzeitig SPD-Parteichef, müsste er die heikle Doppelrolle meistern, einerseits für die Stabilisierung des Bundeshaushalts verantwortlich zu sein, andererseits aber auch SPD-Vorhaben zu vertreten wie eine Grundrente und Verbesserungen in der Grundsicherung, die aus Steuergeldern bezahlt werden.
Die BewerberInnen um den Parteivorsitz sollen sich ab September auf 20 bis 30 Regionalkonferenzen vorstellen. Danach sollen die rund 438.000 SPD-Mitglieder per Brief oder online über sie abstimmen. Die formale Entscheidung über den Vorsitz fällt ein Parteitag im Dezember. InteressentInnen können ihre Bewerbung allein oder zu zweit bis zum 1. September anmelden. Die Wahl der SPD-Spitze wurde notwendig, weil Andrea Nahles nach der Schlappe bei der Europawahl den Vorsitz niedergelegt hatte. (mit dpa, afp)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen