Italienischer Anti-G8-Aktivist wird ausgeliefert

Vincenzo Vecchi hatte sich nach Frankreich abgesetzt, weil er zu elf Jahren Haft verurteilt worden war

Aus Rom Michael Braun

Sieben Jahre war er auf der Flucht, jetzt wurde er in Frankreich gefasst. Vincenzo Vecchi hatte sich aus Italien abgesetzt, nachdem er dort wegen seiner Beteiligung an den Ausschreitungen während des G8-Gipfels von Genua im Juli 2001 zu einer Haftstrafe verurteilt worden war.

Der heute 46-Jährige war in Genua im Schwarzen Block unterwegs gewesen. Politisch rechnete er sich dem anarchistisch-autonomen Milieu in Mailand zu. Dessen Anhänger nutzten mit Gesinnungsgenossen aus Italien ebenso wie aus Griechenland, Spanien oder Deutschland die G8-Tage für das übliche Black-block-Programm, sie fackelten Banken ebenso wie Autos ab, sie plünderten auch einen Supermarkt, ehe sie am letzten Gipfeltag den Sturm auf das Marassi-Gefängnis versuchten.

Während die Leute vom Schwarzen Block sich am 20. und 21. Juli von der Polizei weitgehend unbehelligt durch die Stadt bewegen konnten, nutzten die Sicherheitskräfte deren Wirken als Vorwand, um mit extremer Gewalt gegen die friedlichen Demonstrationen vorzugehen. Als sie den Zug der „Ungehorsamen“ – er war genehmigt, aus ihm heraus wurden keine Gewalttaten verübt – auseinandertreiben wollten, weil an seinem Rand einige Black-blocker Steine geworfen hatten, kam es zu jenen heftigen Zusammenstößen, die mit der Erschießung des Studenten Carlo Giulianis endeten.

Juristisch wurden schließlich 25 Demonstranten zur Verantwortung gezogen. Während am Ende 15 von ihnen, die zu den „Ungehorsamen“ gehört hatten, einen Freispruch erhielten, hagelte es für die zehn Mitglieder des Schwarzen Blocks hohe Haftstrafen. Mit dem letztinstanzlichen Urteil des Kassationsgerichtes vom Juli 2012 bekam Vincenzo Vecchi, nach Auffassung der Richter einer der Anführer, elf Jahre und sechs Monate wegen Zerstörung, Plünderung, Raub und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Vecchi setzte sich daraufhin nach Frankreich ab; er lebte als Anstreicher unter dem Namen Vincent Papale im Dorf Saint Gravé in der Bretagne. Zum Verhängnis wurde ihm jetzt, dass er mit seiner früheren Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter einen Kurzurlaub im südfranzösischen Savoyen verbrachte, wo italienische Fahnder auf seine Spur kamen. Nach seiner Verhaftung am 8. August sitzt er im Gefängnis von Rennes und wartet auf seine Auslieferung nach Italien. Schon unmittelbar nach seiner Verurteilung hatte Haidi Giuliani, Mutter des erschossenen Carlo, kritisiert, es handele sich „nicht um ein Urteil, sondern um einen Racheakt“.