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Essen in BrandenburgHilfe! Ihnen schmeckt’s nicht!

Zu den Wahlen im Osten machen taz-ReporterInnen Survival-Trips ins „kulinarische Notstandsgebiet“. Na und? Wir essen eben, was UNS schmeckt.

Anja Maier schmeckt es in Brandenburg Foto: Anja Maier

G uten Tag und danke, dass Sie auch heute wieder einschalten. Einige wissen es bereits, aber ich sage es gern noch mal: Der Kolumnentitel lautet „Bauernfrühstück“. Und zwar weil er einerseits das Berichtsgebiet der Autorin andeutet: die Provinz, das Ländliche, Abgelegene. Zum anderen weil Bauernfrühstück eines der wenigen Gerichte ist, die man im Osten des Landes – den sogenannten neuen Ländern – ohne Bedenken bestellen und verzehren kann. Bauernfrühstück – das ist frisch gebratene Bodenständigkeit aus Kartoffeln, Eiern, manchmal Speck und meist einer Essiggurke samt Petersiliensträußchen.

Dass wir im Osten, zumal in Brandenburg, nicht als FeinschmeckerInnen im urbanen Foodie-Sinne verschrien sind, ist bekannt. Wir mögen es gern wurstig und salzig und hefig; Salat gilt uns als Tand am Tellerrand.

Weil in Brandenburg in dreieinhalb Wochen ein neuer Landtag gewählt wird, unternehmen in letzter Zeit zunehmend BerichterstatterInnen Survival-Trips in unser „kulinarisches Notstandsgebiet“, um am eigenen Leib erfahren zu können, wie er so ist und isst, der Ackerbürger. An Brandenburger Imbissbuden und in furniermöblierten Ratskellern gehen die KollegInnen zum Äußersten und behelligen ihre Großstadtkörper mit Deftigem. Bratwurst hier, Stampfkartoffel da, Cappuccino mit Sprühsahne dort – mutig und gesundheitsgefährdend! Eindeutiges Rechercheergebnis: gruselig. Kein Wunder, dass rechts wählt, wer so isst. Mit den InhaberInnen, den BrandenburgerInnen gar, sprechen sie nicht. Worüber soll man schon reden mit einem Bundesbürger, der die Hafermilch nicht kennt, den Rohmilchkäse nicht schätzt und sich das ­Wagyu-Steak nicht leisten kann?

Feinschmeckerbesuch aus der Großstadt

Unbenommen, das Essen in Brandenburg ist allermeist schlecht. Was uns aber mehr stört als der Wunsch nach wertiger Ökogrillkohle, ist diese nicht direkt vorgetragene, aber doch stets deutlich zu spürende Frage der Berichterstattenden, warum wir nicht einfach so sind wie sie. Wäre es nicht leichter für alle, wenn die Provinz so wäre wie die Metropole, dabei stets bestens vorbereitet auf spontanen Feinschmeckerbesuch aus der Großstadt?

Hier ist meine Antwort. Und sie lautet: Nein.

Denn wisset, liebe ExpeditionistInnen in den eurer Meinung nach kulinarisch unterentwickelten Teil Deutschlands: Wir essen hier, was wir gern essen. Wir kochen, was uns schmeckt. Und uns schmecken Kohlrouladen und Salzkartoffeln, Rote Grütze und Hering, Streuselkuchen und Schmorgurke. Und – natürlich – Bauernfrühstück. Und ja, wir sind im Besitz internationaler Kochbücher und durchaus in der Lage, Eggs benedict, ein tiptop Butter chicken, Steinpilzrisotto oder Crème brûlée zuzubereiten. Wäret ihr weniger selbstgewiss, würden wir euch an unsere Tische einladen. So aber bleibt es für euch bis auf Weiteres bei dick panierten Metro-Schnitzeln mit TK-Mischgemüse.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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4 Kommentare

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  • Ich habe die beiden Artikel über Brandenburgs Gastronomie auch gelesen und auch wenn das meine Erfahrung widerspiegelt habe ich mich gefragt, wozu diese Texte? Fand ich jetzt nicht so hilfreich und auch etwas ärgerlich-überheblich. Gleiche kulinarische Wüste trafen wir gerade auf unserem Weg mit dem Fahrrad von Leipzig nach Amsterdam in vielen Provinzen auch Westdeutschlands - ich erinnere mich da besonders ans Weserbergland. Rettung war dort ein thailädisch-vietnamesisch-Fusion-Restaurant. (Ebenso wie in Bad Belzig der Lichtblick ein nepalesisches Restaurant ist...). Aber ich glaube es ging in den Artikeln die Kulinarik Brandenburgs in den Blick nahmen nicht um "Rohmilchkäse" und "Wagyu-Steak", sondern mehr um grundsätzlich genießbares vor Ort gekochtes Essen. Und es ist wirklich schade, dass man in manchem landschaftlichen Idyll keine Chance drauf hat. Inhaltlich stimme ich den Analysen zu, die Überheblichkeit fand ich unangebracht und nicht hilfreich. Aber das gezielte Missverstehen durch Frau Maier ist ebensowenig hilfreich, wenn auch verständlich.

  • Mahlzeit!

    So sind sie halt, die hochgezüchteten Rennwessis: Sie sind überzeugt, an ihren Wesen (oder halt an ihrem Essen) müsste die ganze Welt genesen. Ist Ihnen ja schließlich auch bekommen, gel? Man ist, was man isst. Und nur wer kultiviert zu speisen versteht, wird... - nein, nicht gleich als ebenbürtig akzeptiert, aber immerhin auch nicht gleich pauschal abgewertet. Könnte ja sein, er macht sich noch.

    Auf die Idee, so ein Verhalten könnte von schlechtem Geschmack zeugen, kommen sie nicht, die hochgezüchteten Rennwessis. Hat sie ja auch keiner, der privilegiert(er) war (als sie), dazu gezwungen. Und wenn man nicht gezwungen wird dazu, braucht man auch nicht vernünftig sein.

    Es lebe die Autorität! Sie sorgt dafür, dass dumme Kinder dumme Kinder bleiben. Bis an ihr Lebensende. Amen.

    • @mowgli:

      Was sind Rennwessis?

    • @mowgli:

      Na, da haben sich ja wieder die zwei selbstbewussten, gerne mal etwas agressiven "Ostvertreterinnen" gefunden, fein! Guten Appetit!

      Ich wusste bis eben nicht, dass es "Rennwessis" gibt.

      Und nur so nebenbei: Nicht alle aus Berlin sind Wessis und nicht alle Wessis sind in Großstädten aufgewachsen - im Gegenteil - und haben von klein auf (oder bis heute) gelernt "kultiviert" zu speisen. Es schmeckt einfach überall anders und auf dem Boden der ehemaligen DDR eben besonders anders für Menschen, die das nicht kennen und/oder erwarten.

      Und nach Westdeutschland ehemals migrierte Familien haben noch ganz andere kulinarische Hintergründe, egal ob z.B. aus der Türkei oder Schweden. Ich selbst kann bis heute z.B. Kohlrouladen auch nichts abgewinnen, egal ob aus dem Westen oder Osten. Und Leipziger Allerlei ebensowenig (oder von Bonduelle "Erbsen und Möhrchen" in Dosen, alternativ auch "Leipziger Allerlei" oder "Holsteiner Art").

      Es geht auch hauptsächlich nicht um das, was angeboten wird, sondern in welcher Qualität und in welchem Ambiente. Und dabei geht es nicht um Sterne-Restaurants.