heute in hamburg: „Es kostet uns dreifach, wenn wir nichts tun“
Klimawochen-Zukunfts-dialog „Unser Klima – Unsere Verantwortung“: 19 Uhr, im „Dockland“, Van-der-Smissen-Str. 9. Eintritt frei, Anmeldung erbeten: https://tinyurl.com/y4cyryhr
Interview Katharina Gebauer
taz: Frau Verheyen, inwiefern ist Klimaschutz ein Menschenrecht?
Roda Verheyen: Der UN-Menschenrechtsrat stuft den Klimaschutz als Menschenrecht ein. Der Klimawandel begünstigt Menschenrechtsverletzungen in verschiedenen Bereichen. In Kenia etwa ist das Recht auf Bildung gefährdet. Aufgrund der heißen und trockenen Sommer können die Kinder dort nicht mehr zur Schule gehen. Diese kenianischen Familien sind durch die Klage gegen das EU-Parlament und den EU-Rat vertreten. Viele andere Klagen beziehen sich auf das Recht auf Eigentum, auf Gesundheit oder Berufsfreiheit.
Seit 2018 gibt es solche Klagen gegen die EU und einzelne Staaten, darunter auch Deutschland. Was wird sich dadurch verbessern?
Es hat sich bereits etwas verändert, dass sich kein Politiker mehr hinstellen und sagen kann: „Wir warten ab.“ Das ist definitiv ein politischer Paradigmenwechsel. Ob es am Ende wirklich der Atmosphäre hilft, bleibt abzuwarten. In der Klage gegen die Bundesregierung geht es um die Einhaltung der bereits bestehenden Klimaschutzziele bis 2020, nämlich 40 Prozent der Treibhaus-Emissionen gegenüber 1990 zu senken. Das verfehlt Deutschland. Wird der Vorstoß von 55 Prozent bis 2030 verwirklicht, ist die Klage damit durch.
Warum liegt der Klimaschutz in unserer Verantwortung?
Weil es keine Zeit mehr gibt, nur abzuwarten. Die Schäden sind jetzt spürbar.
Welche Schäden sind das in Deutschland?
Roda Verheyen, 46, ist Umweltjuristin und vertritt drei Familien bei ihrer Klage gegen die Bundesregierung wegen der Nichteinhaltung der Klimaschutzziele 2020.
Es gibt starke regionale Unterschiede. In Norddeutschland sind die Nordseeinseln betroffen. In Langeoog klagt eine Familie in der EU-Klage mit, weil sie ihre Lebensgrundlage durch den ansteigenden Meeresspiegel gefährdet sieht. Den Landwirten fehlt es an Bodenfeuchtigkeit für gute Ernteerträge.
Warum ist bisher so wenig passiert, um die Folgen des Klimawandels abzufangen?
Es ist insofern politischer Unwille, wenn nicht nach wissenschaftlichen Prognosen gehandelt wird. Der Klimawandel ist unumstritten bewiesen, die Umweltprobleme zu lösen, ist keine Vorsorge mehr. Wir müssen zeitig handeln, damit nicht noch mehr Schaden passiert. Die Alternative für Deutschland (AfD) tut in ihrem Wahlprogramm so, als würde es keinen gemeinsamen Konsens über den Klimawandel geben. Aber auch aus ökonomischer Sicht müssen wir zeitig handeln, sonst kostet es uns dreifach.
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