UN-Klimakonferenz beendet: Ungelöste Probleme nach Chile

Die „kleine“ Klimakonferenz in Bonn zeigte kaum Willen zum Fortschritt. Wichtige Entscheidungen wurden vertagt. Was trotzdem bleibt.

Chiles Umweltministerin Schmidt

Wünschte sich engagiert „mehr Aktion“: Chiles Umweltministerin Carolina Schmidt in Bonn Foto: dpa

BONN taz | Die wichtigsten Nachrichten zum Klima kamen während der Klimakonferenz in Bonn nicht aus Bonn, sondern aus der Atmosphäre, aus Osaka und London: Die Konferenz litt unter Rekordtemperaturen von fast 40 Grad. In Japan forderten 477 Unternehmen, die mit 34 Billionen Dollar fast die Hälfte aller Investitionen weltweit verwalten, vor dem G20-Gipfel eine schnelle und entschlossene Klimapolitik der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Und das Brexit-geplagte Großbritannien verabschiedete als erstes wichtiges Industrieland am Donnerstag ein Gesetz, um bis 2050 auf „netto null“ bei den CO2-Emissionen zu kommen.

In der früheren Bundeshauptstadt litt das 50. Nebentreffen der UN-Staaten zur Erderhitzung dagegen unter endlosen unfruchtbaren Detaildebatten und einem massiven Angriff auf die Wissenschaften zum Klimawandel. Die Delegierten von knapp 200 Staaten sollten eigentlich die Weichen stellen für den Klimagipfel im Dezember, der in Santiago de Chile stattfinden wird. Chiles Umweltministerin Carolina Schmidt war extra angereist, um zu betonen, wie sehr ihr Land an einer „Konferenz der Aktion“ interessiert sei.

Das aber wird nach den zehn Tagen in Bonn eine echte Herausforderung: Denn es gab kaum Fortschritte in der Sache und wenig Hoffnung, die wichtigsten Dinge bis zum Dezember zu klären – und dazu jede Menge schlechte Stimmung. Die Verhandlungen waren zum Schluss so festgefahren, dass bis zum abschließenden Plenum wichtige Punkte in der Luft hingen. Das ist für eine Bonner Zwischenkonferenz, auf der normalerweise die Fachbeamten relativ geräuschlos Kompromisse ausloten, ein ungewöhnliches Szenario.

Die umstrittenste Frage ist, wie demnächst weltweit mit CO2-Lizenzen gehandelt werden soll. Im Pariser Abkommen ist das vorgesehen, aber die Länder wollen vermeiden, dass CO2-Reduzierungen doppelt angerechnet werden, wenn etwa Staaten oder Unternehmen auf Einkaufstour für Zertifikate gehen, weil sie zu Hause ihre Klimaziele nicht erreichen. Über die Details dazu war schon der Klimagipfel im Dezember 2018 im polnischen Kattowitz beinahe gescheitert. Bonn erzielte hier keine Lösung, nicht einmal einen gemeinsamen Text. Auch Verhandlungen bis Dezember soll es nicht geben. „In Santiago muss es dafür eine Einigung geben“, mahnte die Chefin des UN-Klimasekretariats, Patricia Espinosa.

Saudi-Arabien bremst – scharf und persönlich

Der nächste Streitpunkt war der Angriff von Saudi-Arabien und anderen Staaten auf den Bericht des UN-Klimarats IPCC zum 1,5-Grad-Ziel. Mit scharfen, auch persönlichen Attacken und Verfahrensfragen stellten die Bremser in Frage, dass der Bericht in einer umfassenden Debatte zur Grundlage der weiteren Klimaziele der Länder genommen werden soll. Auch diese Frage hatte schon in Kattowitz die Gemüter erhitzt. In Bonn antworteten Delegierte mit T-Shirts im Plenum, auf denen stand: „Wissenschaft ist nicht verhandelbar“.

Ungelöst blieb nach dem Ende der Konferenz auch die Frage, wann und wie ein Komitee die Arbeit aufnehmen soll, das sich damit beschäftigen soll, wie die Zukunft der Regionen mit Kohle, Öl und Gas aussehen kann, analog zur deutschen „Kohlekommission“. Immerhin winkten die Vertragsstaaten den neuen Haushalt des UN-Sekretariats durch, der um 11 Millionen auf knapp 68 Millionen Euro aufgestockt wurde.

Umweltgruppen waren von der Konferenz wieder einmal enttäuscht. „Was hier passiert, spiegelt nicht wider, was beim Klima gerade passiert“, kritisierte Eddy Perez vom Klimanetzwerk CAN. Auch Rixa Schwarz von Germanwatch monierte, etwa beim Angriff auf die Wissenschaft habe es an Gegenwehr der Klimaschützer wie der EU gemangelt: „Der politische Wille fehlt.“

Bei einer Aktion der Umweltschützer, die nationalen Klimaziele bis 2020 zu erhöhen („Step up!“) hatten etwa 30 Länder zugesagt, dass sie mehr tun wollen – unter ihnen aber vor allem Entwicklungsländer. Von den 20 Ländern mit insgesamt 85 Prozent der CO2-Emissionen, die sich bei der G20 in Osaka treffen, ist nur Großbritannien dazu bereit.

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