„Wie früher die Butterfahrten“

Eva Zeiske vom Kieler Stadtmarketing betrachtet die Touristen von den anlegenden Kreuzfahrtschiffen als potentielle Kunden für die Kieler Geschäfte

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Eva-Maria Zeiske, 52, Kulturwissenschaftlerin, ist seit 2008 als Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das Kieler Stadtmarketing zuständig.

Interview Esther Geißlinger

taz: Frau Zeiske, jährlich kommen rund 1,6 Millionen TouristInnen aus Skandinavien nach Kiel. Viele scheinen die Stadt als Supermarkt mit angeschlossener Kneipe zu betrachten. Sind solche Gäste eher Fluch oder Segen?

Eva Zeiske: Eindeutig Segen! Das Image, da kommen nur Trunkenbolde, die sich hier billig die Hucke volllaufen lassen, stimmt einfach nicht. Ja, Gäste kommen hierher, um einzukaufen, auch Alkohol. Aber aus touristischer Sicht sehen wir es anders: Von den Fährkais sind die Menschen in wenigen Minuten in der Innenstadt, und da sehen sie, was Kiel alles zu bieten hat.

Außer, sie steigen in die Busse, die sie in die Großmärkte am Stadtrand karren …

Das ist zur Belebung der Innenstadt nicht die erste Wahl und für das Stadtmarketing nicht die größte Freude. Ein Teil der Gäste nutzt den Ausflug nach Kiel wie früher die Butterfahrten: Vier Stunden auf dem Schiff, an Land shoppen und zurück. Das ist völlig o.k., auch wenn wir die Gäste gerne auch als Übernachtungsgäste in Kiel willkommen heißen möchten. Von den Terminals sind es nur wenige Gehminuten zur Innenstadt – ein absoluter Pluspunkt.

Was sagen denn die KielerInnen zum Massentourismus?

Wir sind kein Venedig und nicht die Lofoten – die meisten Menschen in Kiel sehen laut einer aktuellen Tourismusakzeptanzstudie sowohl Fähren als auch die Kreuzfahrer positiv. Auch wenn die skandinavischen Gäste die günstigen Alkoholpreise nutzen, verhalten sie sich nicht so, dass es in der Stadt stört oder auffällt. Die Studie besagt auch, dass unter drei Prozent Kreuzfahrten kritisch sehen.

Nun hat Kiel jüngst den Klimanotstand ausgerufen, will also alles unter dem Aspekt Klima betrachten. Kreuzfahrt ist da ein heikler Punkt. Wie gehen Sie damit um?

Das Thema liegt beim Oberbürgermeister und bei der Stadt. Wir vermarkten es, jedenfalls bisher, nicht. Wir weisen viel lieber auf die hohe Lebensqualität und die Vorzüge der Stadt hin. Gemessene Werte in einigen Straßen sind aus Marketingsicht im Tourismus derzeit nicht relevant.

Kiel hat viel in seine Innenstadt investiert. Was erhoffen Sie sich dadurch?

Aktuell wird noch gebaut, und es herrscht noch viel Leerstand. Aber allmählich melden sich Interessenten, und auch für die Zwischennutzung von Ladenflächen gibt es viele Anfragen. Damit hoffen wir, das Negativ-Image zu widerlegen, die Kieler Innenstadt lohne sich nicht.