Die Wahrheit: Schädel für den Thronfolger
Prince Charles kann Fallschirmspringen! In Irland stößt das auf besondere Begeisterung. Die 86 sollte der Queensohn aber noch erreichen.
Z um Glück raucht er nicht. Sonst hätten ihm seine Soldaten möglicherweise den Schädel eines ihrer Opfer als Aschenbecher geschenkt. Prinz Charles, Weltmeister im Thronfolgen, ist der Oberbefehlshaber des britischen Fallschirmjägerregiments, einer besonders brutalen Einheit der britischen Armee.
Diese einstmals von Winston Churchill gegründete „Eliteeinheit“ hat im Januar 1972 in Nordirlands zweitgrößter Stadt Derry 14 unbewaffnete Demonstranten ermordet. Ein Jahr zuvor hatten die Fallschirmjäger im Belfaster Stadtteil Ballymurphy elf Zivilisten erschossen. Der Ex-Soldat Henry Gow, der damals dabei war, hat Anfang Mai vor dem Belfaster Gericht ausgesagt, dass einer seiner damaligen Kollegen einen Teil des Schädels von Henry Thornton, einem der Opfer, gestohlen und als Aschenbecher verwendet habe.
Vor anderthalb Jahren hatte der damalige Bürgermeister von Derry, Maolíosa McHugh, sich geweigert, Charles wegen dessen Rolle als Chef dieser mörderischen Einheit zu treffen. Seine Parteikollegen haben weniger Skrupel, sie schütteln gern die Hände des Prinzen – so auch vorige Woche bei seinem zweitägigen Besuch.
Er kommt jedes Jahr nach Irland und pflanzt irgendwo einen Baum, vermutlich als Entschädigung, weil die Engländer Irlands Wälder für ihre Armada abgeholzt haben. Bevor er stirbt, will er sämtliche Grafschaften Irlands besuchen, sagte Charles. Bisher hat er die Hälfte geschafft. Um die restlichen 16 zu erledigen, müsste er 86 Jahre alt werden. Eine Kleinigkeit in Anbetracht der Mutter und der in Gin eingelegten Oma.
Die Grafschaft von Kilmacurraghhhhhhh…
Diesmal besuchte Charles den Botanischen Garten in Kilmacurragh in der Grafschaft Wicklow südlich von Dublin und unterhielt sich mit ein paar Rhododendren, während sich zwei Minister aus der zweiten irischen Politikergarde an seine Fersen geheftet hatten und ihm Geschenke für die Enkelkinder zusteckten, darunter ein Deckchen mit dem eingestickten Namen des neuesten königlichen Schmarotzers, Archie Harrison.
Irlands Präsident Michael D. Higgins war auch da und versprach dem Prinzen einen irischen Pass, falls der Brexit böse endet. Higgins und Charles haben viel gemein, beide sind bäuerlicher Herkunft. Higgins besitzt einen Kleinbauernhof in der westirischen Grafschaft Clare, Charles besitzt Kleinbauernhöfe in der Größe von Clare.
Charles erklärte seinen Gastgebern, sein Besuch „erinnere an die hochwichtigen Verbindungen zwischen uns, die hunderte, wenn nicht tausende Jahre zurückgehen“. So kann man Kolonialismus und Gewaltherrschaft also auch ausdrücken.
Nachdem er 1977 zum Regimentschef ernannt worden war, absolvierte Charles übrigens einen Fallschirmsprung. „Ohne diesen Fallschirmsprung“, sagte er, „hätte ich den Soldaten nicht in die Augen sehen oder das weinrote Barett der Einheit tragen können.“ Es hätte aber auch genügt, ein paar Zivilisten zu erschießen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
Antisemitismus-Resolution
Autoritäre Zeitenwende statt Antisemitismus-Bekämpfung