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das portraitWill bei Daimler das Auto neu erfinden: der designierte Vor-stand Ola Källenius

Foto: dpa

Mit einem Schweden kann man nie falsch liegen. Daimler hat jetzt einen ganz oben, am Mittwoch übernimmt Ola Källenius den Vorstandsvorsitz des stolzen Konzerns, dessen Urahnen einst das Auto erfanden, das erst für den Aufbruch in die Moderne und heute für die ökologische Selbstzerstörung steht. Aus dem Erbe macht Ola, der gern duzt, jetzt die Zukunft: Als erste der alten Autobauer verkündete Källenius am 13. Mai das Ende der Selbstzerstörung. Bis 2039 will Daimler CO2-frei sein. Nur noch Elektroautos mit Batterien oder Brennstoffzellen produzieren oder Verbrenner, die Ökotreibstoffe tanken. Flucht nach vorn, nach dem die EU härtere CO2-Grenzwerte für PKW bis 2030 festgesetzt hat.

PR-mäßig ist die Ankündigung super platziert: Die Umsatzrendite sinkt derzeit, Ex-Chef Dieter Zetsche sagt, sein Nachfolger habe wohl einen „schweren Start“. Die Kosten für Forschung und Entwicklung sind wegen des autonomen Fahrens und der Elek­tro­autos binnen vier Jahren von 8 auf 14 Milliarden Euro gestiegen. Der Umbruch kostet, Källenius hat angekündigt, Stellen abzubauen. Doch das geht im Glanz der neuen Bekanntgabe unter: Ola Källenius will der Mann sein, der bei Daimler das Auto neu erfindet.

VW und Daimler liefern sich damit eine PR-Schlacht um das grünere Image. Källenius steht mit dem angekündigten Total­umbruch vorerst als Greta Thunberg der Autobauer da – was den Verkaufszahlen des ersten reinen Elektroautos mit Daimler-Stern, dem EQC, ganz gut tun dürfte: dessen Verkauf startet derzeit. Dass gegen Daimler nun auch wegen Dieselmanipulation ermittelt wird und die EU wegen Absprachen bei Partikelfiltern ein Kartellverfahren gegen BMW, VW und Daimler eingeleitet hat, wird bei so viel Zukunft vergessen.

Källenius selbst ist ein Eigengewächs Daimlers und gilt schon seit Jahren als Nachfolger von Zetsche. Der Schwede begann seine Karriere im Jahr 1993 bei Daimler, der Konzern baute ihn systematisch auf, zuletzt war er Vorstandsmitglied und Leiter des Bereichs „Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Entwicklung“. Das sollte dem 49-jährigen vor allem das Manko nehmen, kein Ingenieur zu sein. Der Betriebswirt ist der erste Nichttechniker und Nichtdeutsche auf dem Daimler-Thron, immerhin mit einer Schwäbin verheiratet. Die beiden haben drei Kinder, im Manager Magazin erfährt man, dass der Älteste viel Beinfreiheit braucht und deshalb im Auto vorn sitzt, weil er ein Lulatsch wie sein Vater ist.

Solche netten Homestory-Anekdoten zeigen, dass Daimler das Image von Källenius sorgfältig aufgebaut hat. „Zuhören, überzeugen, nie die Ruhe verlieren – so tritt der künftige Daimler-Chef Ola Källenius auf“, schreibt Reuters dann auch völlig ironiefrei. Das Manager Magazin meint, Ola habe bisher auch mal etwas härter umstrukturiert, aber: „Die Beteiligten mochten ihn auch anschließend noch.“ Källenius, der Klimaschutz-Softie. Fehlt nur noch Klimaschutz: Im Jahr 2018 ist der CO2-Ausstoß von neuen Mercedes-Fahrzeugen angestiegen. Ingo Arzt

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