das portrait
: Richterin Angelika Nußberger geht zur Venedig-Kommission des Europarats

Foto: picture alliance

Angelika Nußberger ist seit 2011 EGMR-Richterin. Seit 2017 ist sie sogar Vizepräsidentin des Menschenrechtsgerichtshofs, der für 47 Staaten inklusive Türkei, Russland und die Schweiz zuständig ist. In den Verhandlungen fiel Nußberger durch ihre freundliche, zugewandte Art und ihre präzisen Fragen auf. Ende 2019 endet Nußbergers neunjährige Amtszeit. Eine Wiederwahl ist nicht möglich.

Als voriges Jahr ein Nachfolger für Andreas Voßkuhle an der Spitze des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gesucht wurde, war auch die parteilose Nußberger im Gespräch. Letztlich nominierte die CDU/CSU aber den CDU-Abgeordneten Stephan Harbarth, der jetzt Vizepräsident des BVerfG ist und nächstes Jahr voraussichtlich Präsident wird.

Die 55-jährige Nußberger wird bald aber ein anderes herausragendes Amt übernehmen. Die Bundesregierung hat sie gerade als deutsches Mitglied für die Venedig-Kommission nominiert. Das bestätigte die Bundesregierung auf Anfrage der taz. Nußberger folgt damit auf Ex-Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem, der das Amt 12 Jahre innehatte.

Die Venedig-Kommission besteht seit 1990 und soll Staaten vor allem in Osteuropa beim Aufbau demokratischer Rechtsstaatlichkeit unterstützen. Gutachten werden überwiegend von der parlamentarischen Versammlung des Europarats oder den Staaten selbst angefordert. Derzeit arbeitet die Kommission zum Beispiel an Gutachten zum serbischen Versammlungsrecht und zum Sprachengesetz in Nordmazedonien. Die Empfehlungen der Kommission haben in der Innenpolitik der jeweiligen Staaten großes Gewicht.

Nußberger bringt für den dialog-orientierten Ansatz der Venedig-Kommission hervorragende Voraussetzungen mit. So spricht sie sechs Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Russisch. Neben Rechtswissenschaft und französischer Literatur hatte sie in ihrer Heimatstadt München und in Würzburg auch Slawistik studiert und forschte anschließend an der renommierten Harvard Universität. An der Uni Köln leitete sie als Professorin das Institut für Ostrecht. Anders als viele westeuropäische Juristen kennt sie sich mit den Verhältnissen in Osteuropa wirklich aus, 2007 etwa veröffentlichte sie in der Beck’schen Reihe ein Buch über „Das System Putin“

Auch die Venedig-Kommission kennt Nußberger bereits. Von 2006 bis 2010 war sie die Stellvertreterin von Hoffmann-Riem. Sie beriet unter anderem 2010 die kirgisische Revolutionsregierung bei der Schaffung einer neuen Verfassung. Nach neun Jahren am EGMR kehrt sie nun mit viel zusätzlichem Renommee in die Kommission zurück.

Nußberger kann ihr Amt allerdings erst im Dezember antreten, weil erst dann ihre Amtszeit am EGMR endet. Bis dahin steht der Venedig-Kommission von deutscher Seite nur das stellvertretende Mitglied Monika Hermanns zur Verfügung. Hermanns ist Richterin am Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts. Christian Rath