: Beim Pro-Kopf-Einkommen ist Deutschland immer noch geteilt
Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall ist das Einkommensgefälle zwischen Ost und West gewaltig, wie Zahlen der Böckler-Stiftung zeigen. Doch auch in Teilen Westdeutschlands sieht es schlecht aus
Von Daniel Godeck
Stellt man sich die Einkommensunterschiede zwischen Ost und West als Dauerlauf vor, ist das Bild auch im dreißigsten Jahr nach dem Mauerfall eindeutig: Die westdeutschen Länder liegen unverändert in Führung, die ostdeutschen sind weiter abgehängt. Im Jahr 2016 lag das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Ostdeutschen lediglich bei 84,7 Prozent des Westniveaus, wie eine am Mittwoch vorgestellte Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Von gleichen Lebensverhältnissen zwischen Ost und West kann beim Wohlstand daher kaum die Rede sein.
Die Forscher des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Stiftung haben für die Studie alle 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte untersucht, und auf Basis von Einkommensdaten der Statistikämter für jede Region das durchschnittlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen berechnet. Damit ist jener Betrag gemeint, der abzüglich von Abgaben für den Konsum oder zum Sparen bleibt.
Herausgekommen ist eine Deutschlandkarte, die über Arm (hell) und Reich (dunkel) Aufschluss gibt. Sofort ins Auge springt die innerdeutsche Grenze, die in Bezug aufs Einkommen bis heute zu bestehen scheint: Der Osten ist vorrangig hell gefärbt, der Westen eher dunkel (siehe Grafik). Während das gesamtdeutsche Pro-Kopf-Einkommen 2016 21.952 Euro betrug, gab es in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern keine Gegend, in der das Einkommen pro Kopf die Schwelle von 20.000 Euro überstieg – in ganz Ostdeutschland schafften das nur sechs von 77 Kreisen. Besonders niedrig ist das Pro-Kopf-Vermögen im Osten in Halle an der Saale (17.218 Euro).
In Westdeutschland hingegen liegt nur etwa jede zehnte Region unter der Schwelle von 20.000 Euro, der niedrigsten untersuchten Kategorie. Bundesweit am Wohlhabendsten ist der bayerische Landkreis Starnberg, wo jedeR EinwohnerIn im Schnitt knapp 35.000 Euro zur Verfügung hat.
So immens die Kluft bis heute ist, so weist der Trend doch in eine positive Richtung: Dass im Jahr 2016 das Ost-Einkommen 84,7 Prozent des Westniveaus betrug, ist bereits ein geringerer Unterschied als im Jahr 2000, als es 81,5 Prozent waren. Das reale Einkommensplus zwischen 2000 und 2016 lag im Osten mit 13,9 Prozent damit leicht über dem Bundesdurchschnitt (12,7). Kurzum: Ost und West nähern sich an – allerdings nur äußerst langsam.
Der Eindruck, dass im Westen alles rosig ist, täuscht allerdings. Es sind, wie so oft, Bayern und Baden-Württemberg, die auch beim Pro-Kopf-Einkommen überdurchschnittlich gut abschneiden; hier hat jedeR EinwohnerIn im Schnitt um die 24.000 Euro auf dem Konto. Doch obwohl die Karte im Westen deutlich dunkler gefärbt ist, finden sich auch hier reichlich helle Flecken.
Vor allem Teile des Ruhrgebiets und des Saarlands liegen weit unter der 20.000-Euro-Marke. Etwa Gelsenkirchen, das mit 16.203 Euro als bundesweites Schlusslicht das deutsche Armenhaus bildet.
Der Paritätische Gesamtverband sieht sich in den Zahlen bestätigt: „Es geht bei Armut nicht nur um individuelle Schicksale und Problemlagen, sondern um echte Strukturprobleme“, sagte der Vorsitzende des Verbands, Ulrich Schneider. Er fordert die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags und die gezielte Förderung strukturschwacher Regionen.
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