piwik no script img

In der Nische tut sich was

2018 wurden in Deutschland 44 Prozent mehr reine Batteriefahrzeuge angemeldet als im Vorjahr. Gemessen am gesamten Neuwagenmarkt ist der Anteil mit 83.000 Zulassungen aber noch gering

E-Autos haben unter neuen Pkws einen Anteil von einem Prozent, die Plug-in-Hybride von 0,9 Prozent Foto: Anja Cord/imago

Von Bernward Janzing

Frank Müller ist als Gründungsmitglied des Bundesverbands eMobilität naturgemäß ein großer Freund des Elektroautos. Den neuen Audi ­e-tron hält er trotzdem „für nicht mehr zeitgemäß“: Fast 30 Kilowattstunden verbraucht das Modell in der Praxis auf 100 Kilometer, wie auch der ADAC kürzlich feststellen musste. Für Müller ein Unding: „15 bis 20 Kilowattstunden sind heute Stand der Technik.“ Schließlich habe die Effizienz in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht.

300 Kilometer Reichweite, und diese mit einer Batteriekapazität von 60 Kilowattstunden zu schaffen – das erwarten Käufer heute. Zumindest gilt das für jenes Marktsegment, in dem an erster Stelle die Fortbewegung steht und nicht das Protzen mit PS und km/h.

Wie bei den Verbrennern ist auch bei E-Fahrzeugen die Spanne der Verbräuche der unterschiedlichen Modelle groß, und ebenso gibt es hier Unterschiede zwischen Prospektangaben und Realität. Im vergangenen Herbst testete der ADAC zwölf Autos, deren Verbrauch nach Herstellerangaben zwischen 11,5 und 25,9 Kilowattstunden pro 100 Kilometer liegen sollte, in der Praxis dann aber zwischen 14,7 und 28,1 Kilowattstunden lag.

Bei einem Durchschnittsverbrauch von 18 bis 20 Kilowattstunden für 100 Kilometer ist die Energie – bei den derzeitigen Preisrelationen – zumeist etwas billiger als der Treibstoff für den Verbrennungsmotor. Wer an seiner heimischen Steckdose tankt, den kostet der Strom für 100 Kilometer rund 5 Euro. An öffentlichen Ladesäulen ist der Strom oft teurer, da muss man eher mit 8 Euro rechnen. Ein Benziner, der 7 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, kommt derzeit auf etwa 10 Euro Treibstoffkosten, ein Diesel mit 6 Liter Verbrauch auf 7 Euro je 100 Kilometer.

Allerdings sind Elektroautos in der Anschaffung deutlich teurer. Der e-Golf zum Beispiel kostet rund 35.000 Euro, den Benziner gibt es bereits ab 20.000 – eine Differenz, die durch die staatliche Kaufprämie von 4.000 Euro nicht aufgefangen wird und sich auch durch die geringeren Energiekosten kaum amortisiert.

Trotzdem steigt der Absatz an E-Fahrzeugen deutlich, im Jahr 2018 wurden in Deutschland 44 Prozent mehr reine Batteriefahrzeuge angemeldet als im Vorjahr. Gemessen am gesamten Neuwagenmarkt sind die Zahlen trotzdem noch überschaubar: 36.000 reine Stromer wurden 2018 neu zugelassen, sowie 31.000 Plug-in-Hybride, also Fahrzeuge mit Elektro- und Verbrennungsmotor, deren Batterie auch am Stromnetz geladen werden kann. Damit hatten die E-Autos unter allen neuen Pkws gerade einen Anteil von einem Prozent, die Plug-in-Hybride von 0,9 Prozent.

Dass das einst von der Bundesregierung so vollmundig benannte Ziel, 2020 eine Million Elektroautos auf den Straßen zu haben, verfehlt wird, ist lange schon klar. Ende 2018 waren erst gut 83.000 Elektroautos zugelassen; bei einem Pkw-Bestand von 47 Millionen ist das nicht einmal jedes 500. Fahrzeug.

Doch weil nicht nur in Deutschland die Verkaufszahlen steigen, wird das Angebot vielfältiger: Der ADAC listet bereits acht Modelle deutscher Hersteller auf, sechs aus Frankreich, vier aus Korea, drei aus Japan, drei aus den USA und eines aus Großbritannien. Am häufigsten verkauft wird in Deutschland der Renault Zoe, gefolgt vom VW e-Golf und dem Smart EQ Fortwo.

An der heimischen Steckdose kosten 100 Kilometer Reich­weite rund 5 Euro

Unterdessen sind Elektrofahrzeuge, die ihre Kraft nicht aus der Batterie beziehen, sondern den Strom an Bord mittels Brennstoffzelle aus Wasserstoff gewinnen, noch Nischenprodukte (siehe Seite 31). Und dies, obwohl sie technisch gesehen längst als alltagstauglich gelten. In drei Minuten sind sie vollgetankt, ihre Reichweite beträgt 600 Kilometer. Aber sie sind eben teuer: Der To­yota Mirai kostet fast 79.000 Euro, der Hyundai Nexo 69.000 Euro. Auch ist die Zahl der Wasserstofftankstellen mit aktuell 64 in Deutschland – freundlich formuliert – noch recht überschaubar.

Schwer ist die ökologische Bewertung des Elektroantriebs. Denn die CO2-Emissionen hängen vom Strommix ab, der je nach Ladezeitpunkt unterschiedlich ist; aktuell schwankt der Emissionswert in Deutschland meist zwischen 150 und 600 Gramm je Kilowattstunde.

Verteilen sich die Ladezeiten gleichmäßig über den Tag – und nur dann –, kann man den mittleren deutschen Strommix bei Berechnungen zugrunde legen. Unter dieser Annahme erzeugen Batteriefahrzeuge 28 bis 42 Prozent weniger Treibhausgase als Vergleichsfahrzeuge. Das errechnete jüngst das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung.

Zugleich wiesen die Forscher darauf hin, dass intelligentes Lademanagement die Emissionen weiter senken kann. Denn verschiebt man das Tanken in Zeiten niedriger Strompreise, tankt man meistens auch Strom mit einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien – denn niedrige Börsenpreise korrelieren mit einem hohen Angebot an Wind- und Solarstrom.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen