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Urteil lebensverlängernde MaßnahmenLeben ist trotz Leid kein „Schaden“

Ärzte haften nicht, wenn sie Patient*innen durch künstliche Ernährung länger als medizinisch sinnvoll am Leben halten. Das entschied der Bundesgerichtshof.

Wollte Schadensersatz für die künstliche Lebensverlängerung seines Vaters: Heinz Sening Foto: dpa

Karlsruhe dpa | Ärzte haften grundsätzlich nicht mit Geld, wenn sie einen Patienten zum Beispiel durch künstliche Ernährung länger als medizinisch sinnvoll am Leben erhalten und damit sein Leiden verlängern. Es verbiete sich generell, ein Weiterleben als Schaden anzusehen, entschieden die obersten Zivilrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe am Dienstag. Eine Klage auf Schmerzensgeld und materiellen Schadenersatz im Namen eines 2011 gestorbenen Demenzkranken wiesen sie deshalb ab.

Den Prozess führte der in den USA lebende Sohn des Mannes aus Bayern als alleiniger Erbe. Er hält es für einen Behandlungsfehler, dass sein kommunikations- und bewegungsunfähiger Vater ohne jede Aussicht auf Besserung jahrelang weiter per Magensonde ernährt wurde. Die Klage richtete sich gegen den behandelnden Hausarzt. Dieser sollte mindestens 100 000 Euro Schmerzensgeld zahlen und Behandlungs- und Pflegekosten von mehr als 52 000 Euro erstatten.

Vorsorglich können Menschen in einer sogenannten Patientenverfügung aufschreiben, in welchen Situationen sie wie behandelt werden möchten und wann sie keine Behandlung mehr wünschen. In dem Fall hatte der Vater nichts hinterlassen und konnte sich selbst nicht mehr äußern. Ob er die Magensonde noch gewollt hätte, war deshalb unklar.

Das Oberlandesgericht (OLG) München war 2017 der Ansicht gewesen, dass der Arzt die Sondenernährung trotzdem nicht einfach hätte weiterlaufen lassen dürfen, ohne die Situation mit dem bestellten Betreuer gründlich zu erörtern. Wegen verletzter Aufklärungspflichten sprachen die Richter dem Sohn damals 40 000 Euro Schmerzensgeld zu.

Urteil über den Wert eines Lebens

Dagegen legte der Arzt mit Erfolg Revision ein. Auch der Sohn und dessen Anwalt hatten die OLG-Entscheidung angefochten, um ein Grundsatzurteil herbeizuführen. Aus ihrer Sicht werden medizinische Standards nur eingehalten, wenn Ärzte für Verstöße haftbar gemacht werden. Das müsse auch für die Behandlung am Lebensende gelten.

Dem wollten sich die BGH-Richter aber nicht anschließen. Die Vorsitzende Richterin Vera von Pentz sagte, es könne dahinstehen, ob der Arzt Pflichten verletzt habe. „Das Urteil über den Wert eines Lebens steht keinem Dritten zu.“ Es fehle deshalb schon an einem immateriellen Schaden, der Schmerzensgeld-Ansprüche auslösen könnte. (AZ: VI ZR 13/18)

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2 Kommentare

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  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Merkwürdig ist, daß Ärzte selbst kaum Patientenverfügungen verfasst haben. Sie haben warscheinlich ein kleines Döschen mit Pillen, die im Falle des Falles bestimmt helfen.



    Die Entwicklung dieser Pillen haben wir alle mitbezahlt, aber wir bekommen sie nicht in der Apotheke. Ein kleiner Unterschied zwischen den Halbgöttern in weiß und den anderen Leuten in einfachem grau.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      In der Tat begehen Ärzte weit überdurchschnittlich oft Suizid, sind aber gleichzeitig mit großer Mehrheit (und im Unterschied zur Gesamtbevölkerung) gegen den assistierten Suizid von Patienten. Vermutlich sind das sogar oft die gleichen Ärzte, die davon ausgehen, dass ihnen ein leidfreies Ende zusteht, während der Patient langsam vor sich hinkrepieren und dabei das Einkommen von Ärzten mehren muss.

      Zum Glück ist es nicht schwer, sich die entsprechenden Medikamente auf eigene Faust zu besorgen.