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Eine Farce auf Fehmarn

Die Pläne für den Ostsee-Tunnel im Fehmarnbelt liegen öffentlich aus, Gegner wollen vor Gericht klagen

Der Ostsee-Tunnel

Kernstück der Fehmarnbelt-Querung (FBQ) ist ein Straßen- und Schienentunnel zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn.

Dafür sollen 89 Elemente mit Straßen- und Schienentrassen in einem 18 Kilometer langen, 60 Meter breiten und 20 Meter tiefen Meeresgraben versenkt werden.

Die Kosten werden aktuell auf 7,4 Milliarden Euro geschätzt.

Für Schienen und Straßen werden auf deutscher Seite bis zu 4,5 Milliarden Euro veranschlagt.

Von Sven-Michael Veit

Für Hendrick Kerlen ist er „eine Farce nach dänischem Muster“ – der Planfestellungsbeschluss für den deutschen Teil des Ostsee-Tunnels, den Dänemark im Fehmarnbelt bauen will. Seit gestern und noch bis zum 8. April liegt das mit 1.341 Seiten für ein solches Projekt ungewöhnlich dünne Papier in allen betroffenen Kommunen zwischen Fehmarn und Lübeck zur öffentlichen Einsichtnahme aus. Und es weise erhebliche Mängel auf, sagt der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung.

So räume das zuständige Landesamt im schleswig-holsteinischen Verkehrsministerium für zahlreiche Ortschaften „negative Auswirkungen“ ein, treffe aber keine Aussagen über erforderliche Gegenmaßnahmen. Das Landesamt habe es sich mit einer nach dänischem Vorbild „verkürzten Prüfpraxis sehr einfach gemacht“, sagt Kerlen: „Schon allein deswegen ist der Beschluss rechtswidrig.“ Die Klage des Aktionsbündnisses vor dem Bundesverwaltungsgericht als erste und letzte Instanz werde deshalb erfolgreich sein, ist Kerlen überzeugt.

Gegen das Tunnelvorhaben (siehe Kasten) sind auf deutscher Seite 12.600 Einwendungen von Betroffenen erhoben worden, eine Online-Petition gegen Europas größtes und teuerstes Bauprojekt haben 150.000 Menschen unterschrieben. In Dänemark kamen lediglich 42 Einsprüche zusammen. Wer beim Bundesverwaltungsgericht klagen will, hat dafür nach dem 8. April einen Monat Zeit.

Der Naturschutzbund (Nabu) will das tun, wie er ankündigte. Der Tunnel sei „mit den Zielen des EU-Meeresschutzgebietes Fehmarnbelt nicht vereinbar“, sagt Bundesgeschäftsführer Leif Miller. In einer Klage gegen das „überdimensionierte Prestigeprojekt werden zahlreiche ökologische Punkte eine Rolle spielen“, kündigt Malte Siegert an, der seit 15 Jahren das Vorhaben als Nabu-Experte beobachtet.

Ungeachtet dessen will Dänemark auf seiner Seite mit ersten vorbereitenden Maßnahmen beginnen. Dazu gehören der Bau einer Fabrik, welche die Tunnelteile herstellen soll, und eines Arbeitshafens. Laut Zeitplan soll der Tunnel im Jahr 2028 eröffnet werden – sofern das Bundesverwaltungsgericht bis dahin grünes Licht gegeben haben sollte.

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