Datenverlust bei MySpace: Gone, gone, gone
Das auf Musik spezialisierte Online-Netzwerk verlor Millionen von Liedern, nun trauern viele Nutzer:innen. Grund sei ein Serverumzug, so MySpace.
Die Online-Plattform MySpace hat durch eine Serverumstellung alle Musikdateien aus den Jahren 2003-2015 verloren. Betroffen sind Millionen von Titeln, die in diesen Jahren auf das Musik-Netzwerk hochgeladen wurden. Das berichteten einige Nachrichtenseiten auf Grundlage einer Reddit-Diskussion. Wenn keine privaten Kopien existieren, ist diese Musik unwiederbringlich verloren, das gilt vor allem für unbekanntere Bands.
MySpace war ursprünglich ein Datenspeicherungs-Angebot und entwickelte sich in den frühen 2000er Jahren zu einem Online-Netzwerke für Musik mit über 260 Millionen Mitgliedern. Das Netzwerk geriet in eine Krise, weil die Nutzer:innen in Scharen zu anderen Plattformen wie Facebook oder spezialisierten Musikdiensten migrierten. 2011 verkaufte Inhaber Rupert Murdoch die Seite mit großem Verlust an die Internet-Werbefirma Specific Media, heute gilt die Seite als tot.
Dass es bei MySpace Problem mit dem Zugriff auf Dateien aus der Zeit vor 2015 gab, ist nicht neu: Bereits vor einem Jahr berichteten Nutzer:innen im zitierten Reddit-Forum von Problemen mit dem Abspielen älterer Liedern. Zunächst habe das Unternehmen angegeben, eine Lösung zu suchen. Auf Anfrage eines Nutzers vor sieben Monaten sagte das Unternehmen: „Wegen eines Server-Umzugs wurden die Dateien beschädigt. […] Es gibt keine Möglichkeit, die verlorenen Daten zurückzuholen.“
Der Historiker und Internet-Archivar Jason Scott (USA) hatte das Thema am Sonntag erneut in die Diskussion eingebracht, indem er die besagte Anfrage des MySpace-Datenschutzsprechers auf Twitter postete. „Das Thema hat nun endlich Aufmerksamkeit von einem bekommen, der selbst Aufmerksamkeit bekommt“, so erklärte Scott die Verzögerung in einem Twitter-Post.
Daraufhin bezweifelten Experten, dass der Verlust ein Unfall war: Der Aufwand und die Kosten, um die mutmaßlich 50 Millionen Songs von 14 Millionen Künstler:innen zu speichern, seien dem Unternehmen zu groß gewesen, vermutete US-Blogger Andy Baio.
MySpace entschuldigte sich am Montag und bat Nutzer:innen, Sicherheitskopien von privaten Musikdateien anzufertigen. Zusätzlich hinterlegte das Unternehmen die Adresse seiner Datenschutzbeauftragten, der Hamburger Anwältin Jana Jentzsch, die bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen war.
Die Affäre zeigt, wie unsicher das Speichern von Dateien auf Cloud-Servern ist. Für viele Menschen sind die Nachrichtenverläufe oder Band-Aufnahmen Teil ihrer Jugend, die jetzt für immer verschwunden sind. Persönlichen Erinnerungen und Daten können auch verloren gehen, wenn Online-Netzwerke stillgelegt werden oder wie StudiVZ pleite gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind