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Neue EU-RichtlinieBleibt die Umwelthilfe außen vor?

Das Justizministerium drängt in Brüssel auf eine Regelung, die die DUH von der geplanten EU-Verbandsklage ausschließen würde.

„Europa ist die Antwort“: Das könnte auch einfach richtig sein, Frau Barley! Foto: dpa

Berlin taz | Das von Katarina Barley (SPD) geführte Bundesministeri um für Justiz und Verbraucherschutz hat sich bei den Verhandlungen um die geplante EU-Verbandsklage dafür eingesetzt, den Kreis der klageberechtigten Verbände so zu beschränken, dass unter anderem die Deutsche Umwelthilfe dies neue Instrument nicht nutzen könnte. Das geht aus einem Protokoll der Arbeitsgruppe Verbraucherschutz des EU-Rats hervor, das der taz vorliegt. Die Grünen üben darum Kritik an Barley, die zugleich Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl ist.

Die im vergangenen Jahr von der Kommission vorgeschlagene EU-Verbandsklage geht deutlich über die kürzlich in Deutschland beschlossene Musterfeststellungsklage hinaus: Sie soll Verbänden nicht nur das Recht geben, eine Rechtsfrage, die viele VerbraucherInnen betrifft, abstrakt klären zu lassen. Sie sollen auch direkt im Namen aller beteiligten VerbraucherInnen Schadenersatz von Unternehmen einklagen können.

In den Verhandlungen über die entsprechende Richtlinie hat sich Deutschland dafür eingesetzt, die Klagemöglichkeiten zu beschränken. Unter anderem unterstützte das zuständige Justizministerium einen Änderungsantrag, der zum Ziel hat, dass der „Hauptzweck der klageberechtigten Stellen der Verbraucherschutz sein muss“.

Der Entwurf der Kommission sah dagegen nur vor, dass die Organisationen ein „berechtigtes Interesse“ am Verbraucherschutz haben müssen.

CDU-Kampagne gegen die DUH

Diese Einschränkung würde in Deutschland vor allem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) betreffen. Der Verband, der derzeit mit der gerichtlichen Durchsetzung von Fahrverboten Aufsehen erregt, hat laut Satzung neben „Natur- und Umweltschutz“ auch „umwelt- und gesundheitsrelevanten Verbraucherschutz“ zum Ziel; Verbraucherschutz ist also nicht Hauptzweck.

Die CDU fährt seit Monaten eine Kampagne gegen die Umwelthilfe und wirft ihr eine „kompromisslose Vorgehensweise“ vor. Der CDU-Parteitag hat gefordert, die Gemeinnützigkeit der Organisation zu überprüfen und sie von öffentlicher Förderung auszuschließen. Die SPD stellt sich dieser Kritik zwar öffentlich entgegen. Schon bei der deutschen Musterfeststellungsklage wurden die Kriterien aber so gewählt, dass die ansonsten in Deutschland klageberechtigte Umwelthilfe sie nicht erfüllt.

Während die CDU der Umwelthilfe in Berlin den Geldhahn abdrehen will, beschränkt Justizministerin Barley in Brüssel ihre Rechte

Sven Giegold, Grüne

Das solle nun offenbar auf EU-Ebene wiederholt werden, kritisiert der Europaabgeordnete Sven Giegold von den Grünen. „Während die CDU der Umwelthilfe in Berlin den Geldhahn abdrehen will, beschränkt Justizministerin Barley in Brüssel ihre Rechte“, sagte er der taz. Stattdessen, so fordert Giegold, der auch Spitzenkandidat der Grünen zur Europawahl ist, solle sich Barley der Position anschließen, die Sozialdemokraten und Grüne gemeinsam im Parlament durchgesetzt haben. Nach dieser sollen auch Umweltschützer für Verbraucherinteressen klagen dürfen.

Die SPD will an diesem Samstag ihr Programm zur Europawahl beschließen. Der Entwurf spricht sich für eine Stärkung von kollektiven Verbraucherklagen aus. Eine Anfrage zur Haltung ihrer Spitzenkandidatin ließ die Partei unbeantwortet.

Justizministerium beschwichtigt

Das von Barley geführte Justizministerium wies den Vorwurf zurück, die Klagebefugnis zu stark begrenzen zu wollen. Die Verhandlungen über die Richtlinie stünden noch am Anfang, die deutsche Position sei noch nicht zu allen Fragen endgültig geklärt, hieß es aus der Behörde.

Ziel sei es, die Kriterien so zu gestalten, dass sie „einem Missbrauch von Verbandsklagerechten vorbeugen“, teilte eine Sprecherin mit. Dabei wolle sich das Ministerium an den Kriterien orientieren, die für Unterlassungsklagen durch Verbände gelten. Diese sind recht weit gefasst und würden die Umwelthilfe nicht ausschließen. Die Frage, warum Deutschland dann den gegenteiligen Änderungsvorschlag unterstützt hat, blieb unbeantwortet.

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18 Kommentare

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  • Frau Barley ist ja schon mehrfach aufgefallen, links zu blinken und rechts abzufahren.

  • Jeder Verbraucher- oder Umweltschutzverband hat seine Berechtigung, welche nicht von profilierungsssüchtigen Politikern und Lobyisten in Frage gestellt werden darf.



    Bei der DUH drängt sich mir aber die Frage auf ob sie mit Fahrverboten dafür sorgen will, das nur noch Leute in die Innenstädte fahren sollen die genug Geld haben um sich jedes Jahr ein neues Auto zu kaufen.



    Daran, dass die "schmutzigen" Diesel nicht abnehmen, sind doch in erster Linie die Verbraucher schuld, welche immer noch Autos von den Betrügerfirmen kaufen.

  • Vielleicht sollte die EU auch gleichzeitig einen Grenzwert für Ideologie einführen, der könnte bei der deutschen Umwelthilfe durchaus greifen. Inwiefern hilft es eigentlich der Umwelt und den Verbrauchern, fahrtüchtige PKW aufgrund von eingeklagten Fahrverboten verschrotten und durch neue Fahrzeuge Ersetzen zu lassen (Ja, dieser ökologische Wahnsinn passiert wirklich, da die PKW Umweltprämien i.d.R. an Verschrottung gekoppelt sind!). Ironischerweise hat selbst die EU in einer Studie festgestellt, dass kein Land so streng fast ausschließlich nur an Hotspots misst wie Deutschland :) Man kann sich natürlich weiterhin auf die Rechtsstaatlichkeit berufen, jedoch siegt hier eben Ideologie über Vernunft und insbesondere über sinnvollen Umwelt-



    und Verbraucherschutz.

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Dass die Ministerin für Verbraucherschutz und Justiz sich gegen den Verein stellt, der sich für die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte und somit genau für Verbraucherschutz und Justiz kümmert, ist ja wohl der Oberhammer! Wie soll man da noch irgend ein bisschen Vertrauen in diese Kaste von Politikern haben? Bei den Vollpfosten im Verkehrsministerium konnte man ja noch sagen "das ist halt nicht ihre Aufgabe, sie sind für die Gegenseite zuständig". Aber erstens ist auch das falsch und zweitens: zum Tätigkeitsfeld von Ministerin Giffey gehört die UNTERSTÜTZUNG der DUH eindeutig dazu!

    • 8G
      84935 (Profil gelöscht)
      @84935 (Profil gelöscht):

      Ach so, Barley heißt die Frau, auch egal, den Namen muss man sich nur zum nicht wählen merken...

  • "Der Verband, der derzeit mit der gerichtlichen Durchsetzung von Fahrverboten Aufsehen erregt, hat laut Satzung neben „Natur- und Umweltschutz“ auch „umwelt- und gesundheitsrelevanten Verbraucherschutz“ zum Ziel; Verbraucherschutz ist also nicht Hauptzweck."

    Wie ist das denn zu verstehen?



    Ist denn Natur- und Umweltschutz kein Verbraucherschutz, und damit bei umfassender Betrachtung und Einordnung der Begrifflichkeit kein Hauptzweck auszumachen?



    Aber vermutlich muß hier aus der Sicht der Juristen streng unterschieden werden.

    Dennoch, beachtlich warum die ursprüngliche Formulierung der EU nach dem Verständnis des Justizministeriums nicht ausreichen sollte. Oder ist es gar nur Profilierungsaktivismus von Frau Barley und / oder dem Ministerium?



    Mal sehen wie es abschließend formuliert wird.

    Gleichfalls zeigt sich abermals, wie bereits in der Beratung zum Thema Whistleblowing-Schutz, dass Frau Barley von der grundsätzlichen Meinung der EU-SPD Abgeordneten abweicht und ihren Einfluss zur Profilierung geltend machen will, zum Schaden der Partei.



    Aber vielleicht gelingt auch hier noch am Ende eine Wende zum Guten; also Einsicht bei Frau Barley hinsichtlich des EU-Vorschlags. Wäre wünschenswert, um weitere Perteiaustritte zu vermeiden.

  • CDU und CSU sind auf dem Niveau von Victor Orban, Putin, Erdogan - diese Regierung hat nicht auf die Beine gebracht. Unsere Infrastruktur ist desolat, Kanäle und Ihre Schleusen, Autobahnen und Ihre Brücken, die Deutsche Bundesbahn. Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheimen fehlen das Geld und das Personal. Der Wirtschaft, insbesondere dem Mittelstand fehlen die Auszubildenden und die Arbeiter.



    Aber unsere Autoindustrie betrügt mit Hilfe der Kanzlerin und der Verkehrsminister. Menschen werden krank, wie auch durch die hohe Pestizidbelastung der Landwirtschaft.



    Digital geht Garnichts, außer im Darknet bei Kinderschändern und sonstigen Kriminellen, auch Terroristen.



    Diese Frau will in das EU Parlament gewählt werden? Pfui Teufel - wer CDU/CSU wählt, leistet Lobbyismus, Korruption und Betrug Vorschub und stärkt die Rechten Kräfte in der EU und in Deutschland ;(

  • Es gibt in Deutschland sehr wenige Organisationen, die sich dem Gemeinwohl widmen. Die DUH ist eine davon. Eine Schande, dass die Politik sie ausschalten will.



    Es gib genug Interessenvertretung; die könnte man ausschalten, die gehen oft das Gemeinwohl vor.

  • Danke Haresu das ich das jetzt nicht schreiben musste ^^ ... schlimm manche Meinungen!

  • Die DUH pickt sich nur einen Umweltaspekt heraus, mit dem viel Advokatenkohle zu machen ist. Die schlimmste gesundheitliche Emission in die Luft, der Feinstaub in der dämlichsten Form, in der Form es macht aber Spaß die Nachbarschaft ganz legal zu terrorisieren, ist die Holzverbrennung über Kamine.



    Daher Entzug der Gemeinnützigkeit und die Möglichkeit der Verbandsklage verweigern für die DUH.

    • 7G
      70023 (Profil gelöscht)
      @Thomas Sauer:

      Es tut mir leid aber ich kann Sie nicht ernst nehmen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass Sie auch zu den Deutschen gehören, die ganzen Tag mit Scheuklappe herum laufen und nur nach Vorne schaut. Man kann nur froh sein, dass es solche Vereine gibt. Sonst hätten wir von den Schweinereien von CDU und SPD gar nicht mitbekommen. Deutschland verlangt von den armen afrikanischen Ländern Umweltpolitik zu machen und was macht Deutschland jawohl genau das. Deutschland betrügt ganze Welt und solche Leute wie Sie helfen dabei.



      Zu den Grenzwerten möchte ich etwas sagen. Das ist die nächste Betrug. Grenzwerte, die von der Regierung festgelegt sind, sind die Alibiwerte. Die kann man willkürlich nach Oben oder nach Unten justieren. Lobbyisten finden immer irgend ein Wissenschaftler oder Experten, die Grenzwerte die von der Regierung festgelegt ist, richtig findet wie Dr. Köhler. Nicht den Mund sondern Augen aufmachen. Damit Sie sehen worum es geht. Man kann auch guter Untertanen sein ohne Betrug.

    • @Thomas Sauer:

      Da braucht mal wieder jemand Nachhilfe in Logik. Die DUH pocht auf die Einhaltung von Grenzwerten, die unser Staat uns Bürgern zugesichert hat. Woher die Emissionen kommen und wer sie verursacht ist nachrangig, wesentlich ist, dass der Staat alles für die Einhaltung der Grenzwerte tut. Die Klagen der DUH richten sich nur insoweit gegen den Autoverkehr als man in ihm bislang den wichtigsten Verursacher sah, vor allem aber den am ehesten zu regulierenden Faktor. Das schliesst aber selbstverständlich nicht aus, dass man auch andere Emissionsquellen angehen kann.

      • @Benedikt Bräutigam:

        Autoverkehr, Hauptverursacher von was und warum? Wo bleiben da alle anderen Verbrenner wie Schiffe, LKW, Busse, die vielen kleinen und hochgiftigen Mopeds (Benzol eindeutig Krebs erregend und 10 000 fach höher emittierend als ein PKW) und Maschinen aller Art. Warum: das meiste wird dringend benötigt, Tag für Tag und auch zu ihrem Vorteil.



        Außerdem geht die Schadstoffkurve steil nach unten. Dem ist entgegen nur die steigende Anzahl der Nutzer. Wem wollen sie das dann nicht zugestehen? Flüchtlingen durch ihre Arbeit finanziert, jungen Menschen, Stadtbewohnern, Menschen die zur Arbeit müssen da keine Alternative?



        Und die Kaminöfen für die Holzverbrennung nehmen derart zu, alles just for fun. Bereits 11 Millionen.



        Sie sind eben reiner Ideologe der harten Art scheinbar.

  • Der DUH und anderen zweifelhaften Vereinen das Verbandsklagerecht zu entziehen, das wäre zu schön, um wahr zu sein. Ein richtiger Schritt in Richtung klassischer rechtsstaatlicher Instanzen. Die seinerzeitige Einführung der Verbandsklage pervertierte die Gedanken des Rechtsstaats.

    • @Wellmann Juergen:

      Echt jetzt? Und vor allem warum? Warum keine Verbandsklagen? Das sind doch einfach nur Klagen durch Organisationen, stellvertretend für Einzelne, die sich das Risiko eines Prozess vielleicht nicht leisten können. Ausserdem handelt es sich bei den Beklagten eigentlich immer um Goliaths, also um staatliche Institutionen oder Konzerne mit großen Ressourcen und langem Atem. Und dann handelt es sich auch in aller Regel noch um das Einklagen von längst zugesicherten Rechten, die allermeisten Klagen dieser Art dürften den Verbraucherschutz betreffen.



      Aber wenn Sie meinen das wäre schlecht ...

      • @Benedikt Bräutigam:

        Es sind eben keine Klagen stellvertretend für Einzelne, sondern Klagen, bei denen der Kläger sich berufen sieht, im Namen Ungefragter zu klagen.

  • Bitte nie wieder SPD auf dem Wahlzettel ankreuzen!! Sie untergraben den Rechtsstaat! Am 13.3. haben sie in Brandenburg gerade erst das katastrophale neue Polizeigesetz zusammen mit der Linken durch den Landtag geprügelt - und jetzt DAS!!

  • Viel interessanter als die Frage der Klagebefugnis finde ich die Frage, wie solche Verbände, die scheinbar dann auch in meinem Namen klagen dürfen, einen Schadenersatz anteilig an mich auskehren müssen.