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EU und der BrexitDie Skepsis bleibt

Auch die neue Einigung zwischen Juncker und May ändert grundsätzlich nichts. Brüssel macht klar: Das war's jetzt mit den Brexit-Verhandlungen.

Theresa May und Jean-Claude Juncker gehen aufeinander zu Foto: ap

BRÜSSEL taz | „Take it or leave it“: Das ist die unmissverständliche Botschaft aus Brüssel, nachdem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Montagabend in Straßburg noch einmal mit der britischen Premierministerin Theresa May zusammengetroffen war.

Die Krisensitzung war in letzter Minute anberaumt worden, um May beim bevorstehenden Brexit-Abstimmungsmarathon im britischen Unterhaus den Rücken zu stärken. Große Konzessionen hat Juncker dabei allerdings nicht gemacht. Eine neue, „rechtlich bindende“ Zusatzerklärung zum bestehenden Brexit-Abkommen bekräftigt nur, was Juncker schon im Januar in einem Brief an May erklärt hatte.

Der umstrittene „Backstop“ für Nordirland soll nach Möglichkeit nie zur Anwendung kommen, betont die EU nun noch einmal. Beide Seiten würden alles tun, bis 31. Dezember 2020 eine andere Lösung zu finden, damit diese Notlösung nicht benötigt wird und Großbritannien nicht in einer Zollunion mit der EU „gefangen“ bleibt, wie es die Hardliner in London fürchten.

Außerdem sichert die EU zu, dass die Verhandlungen über einen neuen Partnerschaftsvertrag, der den „Backstop“ unnötig machen würde, baldmöglichst beginnen und mit Hochdruck geführt werden sollen. Wie von britischen Abgeordneten gewünscht, soll auch über „alternative Regelungen“ verhandelt werden. Dazu zählt eine „umfassende Zoll-Zusammenarbeit“ oder „erleichternde Maßnahmen und Technologien“.

„Es wird keine dritte Chance geben“

Einen „Backstop für den Backstop“, etwa durch ein automatisches Verfallsdatum, wird es jedoch nicht geben. Auch eine einseitige britische Ausstiegsmöglichkeit ist nicht vorgesehen. Stattdessen ist von einer möglichen „Aussetzung“ die Rede – für den Fall, dass Brüssel nicht „fair play“ spielt.

Sollte eine Seite den Eindruck haben, dass sie über den Tisch gezogen wird, so könnte sie Schlichter anrufen. Deren Entscheidung wäre dann für beide Parteien bindend, und „letztlich könnte die geschädigte Partei eine einseitige, verhältnismäßige Aussetzung ihrer Verpflichtungen aus dem Austrittsabkommen (beschließen).“

Weiter könne und werde die EU nicht gehen, erklärte Juncker: „Es wird keine dritte Chance geben.“ Doch haben die Nachbesserungen wenigstens die Chance auf einen Deal erhöht?

In Brüssel glaubt das kaum jemand. Während Juncker noch mit May verhandelte, appellierte sein Generalsekretär Martin Selmayr erneut an die 27 verbleibenden EU-Staaten, sich auf einen „No Deal“ vorzubereiten – also auf einen harten Brexit ohne Vertrag.

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2 Kommentare

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  • Inzwischen hat das Unterhaus mit überwiegender Mehrheit gegen Brexit Deal abgestimmt ca 390 zu 140 Stimmen.

    Auf Phoenix Kanal war zu hören, dass May, die eigentlich gegen Brexit ist, wenn doch, nur mit Deal, mutmaßlich Morgen für No Deal stimmen wird, um Tory Hardliner auf ihrer Seite zu halten, möglichwerweise aber auch, um danach als Premier zurückzutreten, ihr Amt Downingstreet 10 womöglich Boris Johnson zu überlassen.

    Langsam verdichtet sich mein Eindruck, insbesondere nachdem May Gestaltungs- , Handlungskompetenz Regierens ganz ans Unterhaus delegiert hat, von dem zu erwarten ist, dass es zu keiner Entscheidung in überhaupt eine Richtung bereit noch fähig ist, dass die Briten sich, wie 1688 fremder Verantwortung für ihr Schicksal unterstellen, als holländische Truppen als weiße Ritter unter Führung William von Oranien das Unterhaus stürmten, alle Abgeordneten suspendiert aus dem Hohen Haus jagen, eine erste Verfassung für die britisch parlamentarische Monarchie beschlossen, zumindest protokollarisch mündlich formuliert.

    Warum verhalten sich die Briten scheinbar so fern von bisheriger Staatsräson in Krisen?, vielleicht, weil sie im Gefühl latenter Überforderung das Irland Problem losgeschlagen an die EU delegieren wollen?

  • Bis Ende 2020 sollte Theresa May doch wohl eine passende Einliegerwohnung in Straßbourg, oder in Brüssel gefunden haben. Das müsste doch sonst mit dem Teufel zugehen (;-))