piwik no script img

heute in hamburg„Meine Eltern waren meine ersten Schüler“

Sprachkurs Deutsch mich voll, 15 Uhr, Kampnagel Jarrestraße 20. Eintritt frei

Interview Jana Eggemann

taz: Herr Chelminiak, Sie sagen: „Language is Empowerment“ – was bedeutet das?

Daniel Chelminiak: Es ist Empowerment zu wissen, was die Leute über einen sagen. Eine Fremdsprache zu können, bedeutet aber auch, dass man seine eigene Stimme erheben und sich Gehör verschaffen kann. Das verleiht einem auch eine gewisse Glaubwürdigkeit und macht einen schlagfertig.

Sprechen Sie aus Erfahrung?

Ich bin mit zehn Jahren mit meinen Eltern von Polen nach Deutschland gekommen. Meine Eltern waren quasi meine ersten Schüler, weil sie mich und meinen Bruder aufgefordert haben, zuhause Deutsch zu sprechen. Gleichzeitig Deutsch zu reden und ins Polnische zu übersetzen – das hat mich sehr geschult.

Was ist wichtig beim Lernen von Sprachen?

Ich habe eine bestimmte Sichtweise, wie man Sprache beibringen kann. Es gibt verschiedene Lerntypen: Die, die Sprache auditiv aufnehmen, und die, die eher visuell lernen. Ich selbst habe viel über Imitation gelernt. Es geht einerseits darum, genau zuzuhören, aber andererseits auch zu sehen, wie sich Leute verschiedener Kulturen gebärden. Es ist effektiver, wenn man kulturell bereits imitiert, bevor man flüssig Deutsch spricht. Damit zeigt man, dass man Interesse an der Kultur hat.

Was macht der „Deutsch mich voll“-Kurs anders als andere Sprachkurse?

Bei Integrationskursen steckt häufig sehr viel Druck dahinter und es steht viel auf dem Spiel – das soll bei unserem Kurs im Migrantpolitan auf Kampnagel nicht so sein. Wir verstehen uns als eine Begegnungsstätte mit Wohnzimmercharakter.

privat

Daniel Chelminiak, 40, gibt Sprachkurse und tritt als Danny Banany als Performer auf Kampnagel auf

Was heißt das konkret?

Man darf auch mal abgelenkt sein. Vom Stoff her schaffen wir vielleicht einen Ticken weniger als im Integrationskurs, aber dafür sind wir nachhaltiger, weil wir wirklich persönlich mit den Teilnehmer*innen arbeiten. Die meisten, die Deutsch vorher nicht mochten, hatten schlechte Erfahrungen gemacht, weil sie Schwierigkeiten mit den Behörden hatten oder im Alltag auf Beleidigung und Missverständnisse gestoßen sind. Denen hilft es oft zu hören, dass ich selbst kein Muttersprachler bin.

Und wer kommt zu Ihren Kursen?

Das sind hauptsächlich Migranten und Geflüchtete aus dem arabischen und dem afrikanischen Raum, aber auch aus europäischen Ländern. Es ist gemischt, dadurch entstehen keine einzelnen Gruppen und man kann sich wirklich auf das Deutschlernen konzentrieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen