Kommentar Digitalpakt: Am Ende verlieren die Schüler
Der Streit um den digitalen Ausbau der Schulen ist ideologisch aufgeladen und wird von Kampfbegriffen wie Kooperationsverbot geprägt.
D er Vermittlungsausschuss hat sich am Mittwochabend vertagt, SchülerInnen und LehrerInnen müssen also weiter auf schnelles WLAN, intelligente Lernplattformen und neue Laptops warten. Der längst ausverhandelte und in den Haushalt eingepreiste Digitalpakt liegt auf Eis, weil sich Bund und Länder nicht auf die passende Formulierung im Grundgesetz einigen können, um auch rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Das klingt gaga, war aber erwartbar.
Die Diskussion um den Digitalpakt und die zugrunde liegende Grundgesetzänderung ist ideologisch aufgeladen. Die einen, vor allem die südlichen Bundesländer, sprechen von „Einheitsschule“, die anderen, heißt vor allem Bundespolitiker von SPD, Grünen und FDP, von „Kooperationsverbot“. Derzeit prägen also Kampfbegriffe die Debatte, nicht sachliche Argumente. Die Situation ist festgefahren.
Im Grundgesetz ist kein „Kooperationsverbot“ verzeichnet. Wohl aber werden einer Einflussnahme des Bundes in die Bildungshoheit der Länder sehr enge Grenzen gesetzt.
Dieser Spielraum soll erweitert werden, Bund und Länder sollen künftig enger kooperieren, aktuell beim digitalen Lernen, perspektivisch auch beim weiteren Ausbau von Ganztagsschulen. Deshalb gleich von einem „Bundesschulamt“ und einer drohenden „Einheitsschule“ zu sprechen, wie zuletzt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, ist populistisch.
Gemeinsame Länderfront
Überzeugte Föderalisten wie Söder und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann haben es aber geschafft auch Länder auf ihre Seite zu ziehen, die nichts dagegen haben, dass der Bund sich stärker im Bildungsbereich engagiert. Denn als der Bundestag Ende November die Grundgesetzänderung diskutierte und verabschiedete, hatten die Haushaltspolitiker in letzter Minute ins Gesetz hineinverhandelt, dass die Länder Finanzhilfen des Bundes künftig „in jeweils mindestens gleicher Höhe durch Landesmittel für den entsprechenden Investitionsbereich“ ergänzen sollen.
Aus Sicht der Haushälter sinnvoll – die Länder sollen das Bundesgeld schließlich nicht nutzen, um im Gegenzug zu sparen –, aus Sicht klammer Länder fatal. Insofern schafften es Kretschmann und Co. eine gemeinsame Länderfront gegen die gesamte Grundgesetzänderung aufzubauen. Obwohl der Digitalpakt von der fifty-fifty-Regelung gar nicht betroffen wäre.
Die Lage ist vertrackt und lässt sich nicht in einer nächtlichen Sitzung entspannen. Das jetzt eine Arbeitsgruppe ran soll, ist vernünftig. Vielleicht wird so doch noch zeitnah eine pragmatische Lösung gefunden.
Vernünftig wäre es nämlich, wenn Bund und Länder künftig nicht nur zusammenarbeiteten, wenn es um Computer geht, sondern auch beim gemeinsamen Lernen behinderter und nicht behinderter Schüler. Auch bei der Inklusion liegt Deutschland noch weit hinter anderen Ländern zurück.
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