Rauswürfe beim 1. FC Nürnberg: Club-Spitze entlassen
Der 1. FC Nürnberg muss den Sportdirektor rauswerfen, um Trainer Köllner kündigen zu können. Die Qualität des Kaders wird das auch nicht verbessern.
Am Montagabend, kurz vor Mitternacht, war Andreas Bornemann noch Sportdirektor des 1. FC Nürnberg. Um 0 Uhr 18 erfuhr die Welt dann via Pressemeldung, dass der Sportdirektor beurlaubt wurde. Elf Stunden später war dann auch der Trainer entlassen. Aufsichtsratschef Thomas Grethlein verkündete am Dienstagvormittag, dass Michael Köllner ebenfalls von seinen Aufgaben entbunden wurde. Der Tabellenletzte stand am Mittag also ohne Sportdirektor und Cheftrainer da.
In der zweiten Sitzung binnen weniger Stunden – die erste hatte am Sonntag nach der 0:2-Niederlage im wichtigen Spiel bei Hannover 96 stattgefunden – kam offenbar eine Mehrheit der Räte zu dem Schluss, ein Signal setzen zu müssen, um die Minimalchance auf den Klassenerhalt zu wahren. Dabei war die Demission von Andreas Bornemann letztlich nur Mittel zum Zweck, um eine Veränderung auf der Trainerposition herbeiführen zu können. Der Sportdirektor hatte in weiten Teilen des Vereins immer noch die Rückendeckung, die Köllner abhanden gekommen war. Wäre Bornemann etwas opportunistischer veranlagt, wäre er am Samstagabend von Köllner abgerückt – und wäre wohl im Amt geblieben.
In den letzten Wochen war die Unzufriedenheit mit dem Coach auch im Kontrollgremium gewachsen. Nur zwei Siege in 21 Spielen, aus denen insgesamt zwölf Zähler geholt wurden, sind eine niederschmetternde Bilanz. Dass keines der letzten 15 Spiele gewonnen wurde und der Club vergangene Woche im DFB-Pokal sang- und klanglos beim HSV unterging, sprach am Schluss genauso wenig für den Trainer wie die Nichtberücksichtigung des besten Stürmers, Mikael Ishak. Zudem irritierten die oft sehr euphorischen Spielanalysen des gesprächigen Trainers. Bornemann hingegen sprach sich bis zuletzt gegen eine Entlassung Köllners aus. Da beim Club nur der zweiköpfige Vorstand eine Entlassung aussprechen kann und sich Bornemann und sein kaufmännisches Pendant Niels Rossow in dieser Frage nicht einig waren, musste der Aufsichtsrat Bornemann absägen, um Köllner loszuwerden.
Allerdings gibt es bei aller Kritik an einzelnen Maßnahmen Köllners kaum jemanden in Nürnberg, der lauthals verkündet, dass der Club unter einem anderen Coach wesentlich besser dastünde. Dazu ist die Qualität im Kader schlicht zu gering. Andererseits spielen eben auch Hannover (14 Punkte) und Stuttgart (15) desaströse Spielzeiten. Während dort jedoch mit vergleichsweise komfortablen Etats bei Kader- und Personalzusammenzustellung gravierende Fehler gemacht wurden, ging der 1. FC Nürnberg mit einem Mini-Etat in die Saison. Für Bornemann, der die Sparzwänge in den vergangenen Jahren immer loyal vertreten hat, ist die Trennung also bitter. Das weiß auch Aufsichtsratschef Grethlein, der Bornemann und Köllner lange den Rücken freigehalten hatte und sich am Montag selbstkritisch gab.
Auch sein Gremium habe Fehler gemacht, so Grethlein. So hätte der Aufsichtsrat nach dem unverhofften Aufstieg im Sommer öffentlich noch viel klarer kommunizieren müssen, dass man als einer von zwei Davids gegen 16 mehr oder weniger große Riesen agiere. „Für uns kam der Aufstieg sportlich fast zu früh.“ Schließlich habe man in den Jahren zuvor aus wirtschaftlichen Gründen immer wieder Leistungsträger abgeben müssen „Für uns hatte die wirtschaftliche Konsolidierung seit 2014/15 höchste Priorität. Das führt dazu, dass wir sportlich der Entwicklung immer ein Stück weit hinterherlaufen. Es gibt kaum einen Sportvorstand in Deutschland, der unter den Prämissen, unter denen Herr Bornemann hat arbeiten müssen, gearbeitet hätte.“ Es waren ehrliche Worte eines Funktionärs, dem man die Betroffenheit über die Entlassung des Sportdirektors anmerkte und der sich möglicherweise gefreut hätte, wenn auch Bornemann von Köllner abgerückt wäre.
Bis ein Nachfolger gefunden ist, übernehmen der bisherige Co-Trainer Boris Rossow und Club-Legende Marek Mintal.
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