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Die WahrheitEinladung an die Telekom

Robert Niemann
Kolumne
von Robert Niemann

Richtig schlimm wird es, wenn einem niemand mehr zum Geburtstag gratuliert. Aber es gibt ja noch ein paar Firmen, die verlässlich sind.

I nzwischen melden sich an meinem Geburtstag immer mehr Gratulanten, die ich gar nicht so besonders gut kenne: Irgendwelche Unternehmen, mit denen ich mal zu tun hatte oder bei denen irgendein Abo läuft. Begonnen hat das Autohaus. Die schickten anfangs sogar immer einen richtigen Brief. Allerdings nicht zu meinem Geburtstag, sondern zu dem meines Autos!

So stand das wirklich drin: „Sehr geehrter Herr Niemann, herzlichen Glückwunsch, Ihr Auto hat Geburtstag!“ Ich bin dann mit dem Brief rausgegangen zum Carport und habe ihn dem Auto vorgelesen. Ob es sich gefreut hat, konnte ich nicht feststellen, aber der Brief kam ja nicht von irgendwem, sondern von einem Fachhändler, die werden schon wissen, was so ein Auto alles mitkriegt und was nicht.

Das ist ja gerade das Spezialwissen, das nur sie haben können, darum tragen sie schließlich den Ehrentitel „Fachhändler“. Die werden ja nicht völlig sinnlos einem toten Gegenstand, einem leblosen Ding zum Geburtstag gratulieren, das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen!

Besonders freue ich mich über die Glückwünsche der Telekom. Dass sie daran gedacht hat! Die hat doch bestimmt genug um die Ohren, die Telekom, aber meinen Geburtstag, den vergisst sie nicht. Da bin ich doch gleich noch mal so gern Kunde.

Weil ich mitten im Winter Geburtstag habe, verschiebe ich die Feier gern um ein halbes Jahr. Ein paar Wochen zuvor versende ich die Einladungen. Diesmal musste ich feststellen, dass die Mail aus Versehen auch an die Telekom gegangen ist. Na gut, dachte ich, sieht jetzt ein bissel blöd aus, aber ist ja nun nicht wirklich schlimm. Schon am nächsten Tag antwortete die Telekom. Danke für die Einladung, schrieb sie, und sie will kommen. Was ich mir denn wünsche?

Das fand ich witzig. Haben die dort tatsächlich jemanden sitzen, der auch mal einen Spaß mitmacht. Andererseits: Die Telekom hat knapp 220.000 Mitarbeiter. Da ist natürlich auch mal jemand mit Humor dabei, bei 220.000 Leuten.

Ich schrieb der Telekom zurück, dass ich mich wie verrückt freuen würde, wenn sie zu meiner Party kommt. Schenken muss sie mir nichts. „Bring einfach gute Laune mit, das reicht!“, erklärte ich großzügig. Die Telekom soll mich ruhig auch witzig finden.

Beinahe habe ich die Sache vergessen, als eines Tages eine Mail im Postkorb liegt. Die Telekom fragt, ob die Einladung mit Partner ist. Erfahrungsgemäß läge die Quote da bei zirka achtzig Prozent. Also achtzig Prozent der eingeladenen Mitarbeiter würden zusagen, und von diesen achtzig Prozent würden achtzig Prozent noch jemanden mitbringen. Ach ja, und sie hätte gehört, ich würde verbreiten, dass bei ihr jemand arbeitet, der Humor hätte. Das will sie so nicht stehen lassen, das sei nämlich nicht der Fall.

Seitdem frage ich alle Nachbarn, ob sie Gartenstühle übrig haben. Ich muss zugeben: Ein bisschen mulmig ist mir schon.

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Robert Niemann
Autor
Robert Niemann glaubt, dass er am Reck den Aufschwung schafft, weil er den schließlich vor 40 Jahren auch schon konnte. Er freut sich, wenn ein zwölfjähriges Mädchen eine auf ihrem Smartphone ankommende Nachricht mit den Worten: „Och nee, schon wieder mein Ex!“ kommentiert. Muss er den Hip Hop seines jungerwachsenen Sohnes mithören, verkneift er sich den Satz: „Und das soll Musik sein?“ Seit dreißig Jahren schreibt er für die gängigen humoristischen Fachpublikationen des Landes mehr oder weniger komische Texte - meistens mehr.
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1 Kommentar

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  • lustiger fände ich es jetzt zu erfahren ab welchem Geburtstag der Auto - Fachhändler von Wellnessanpreisungen übergegangen ist Angebote für Pflegefälle und Hospiz zu schicken.

    Mittlerweile kommen sogar Angebote zum Umbringen des für altesschwach erklärten Gefährten. Unverholen mit Angeboten beim Ableben nicht nur zu helfen sondern dieses sogar finanziell zu unterstützen ...........