piwik no script img

die drei fragezeichen„Die Pille hat seltene, aber schwere Nebenwirkungen“

Auf den Beipackzetteln der Antibabypille wird nun vor Depressionen und Suizidgedanken gewarnt. Fragen an die Gynäkologin Jutta Pfliefke

taz: Frau Pliefke, das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte hat mitgeteilt, dass bei hormonellen Verhütungsmitteln wie der Pille künftig auf Nebenwirkungen wie Depressionen und Suizidgedanken hingewiesen wird. Das teilte die Behörde Ärzten und Apothekern am Montag in einem Brief mit. Warum?

Jutta Pfliefke: Im Jahr 2017 hat eine groß angelegte dänische Studie gezeigt, das bei Frauen, die die Pille nehmen, ein erhöhtes Risiko für Depressionen und Suizidgedanken vorliegt. Da in dieser Studie erstmals sehr viele Probanden befragt wurden, konnte man diese Nebenwirkungen bei einem bestimmten Kreis von Frauen feststellen.

In absoluten Zahlen betrifft das zum Glück nur sehr wenige. Trotzdem ist es gut, dass diese neu entdeckten Nebenwirkungen nun auf dem Beipackzettel von hormonellen Verhütungsmitteln erwähnt wird.

Was bedeutet das für Frauen, die die Pille nehmen?

Diejenigen, die bereits die Pille nehmen, sollten sie jetzt nicht vor Schreck absetzen. Grundsätzlich muss allen klar sein, dass die Pille ein Medikament ist, das in seltenen Fällen schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann.

Das Risiko erhöht sich vor allem für Frauen, die bereits eine Depression oder andere psychische Erkrankungen hatten. Wenn diese Frauen neu anfangen, die Pille zu nehmen, kann die Depression zurückkommen und ihre Beschwerden können wieder zunehmen. Deswegen sollten die Anwenderinnen in den ersten zwei Monaten wachsam sein. Falls sich ihre Stimmung ändert oder sie gar Suizidgedanken haben, sollten sie das mit dem Frauenarzt besprechen.

Worauf müssen Ärzte und Apotheker achten?

Es ist wichtig, dass sie von diesen Nebenwirkungen wissen. Nur so können sie Frauen vor der ersten Einnahme gut vorbereiten und auf die möglichen Folgen hinweisen. Und sie sollten Frauen, die zu ihnen kommen und berichten, dass sich ihre Stimmung verändert hat, fragen, ob sie die Pille nehmen. So könnte man schnell herausfinden, wieso die Depression zurückgekommen ist.

Interview Markus Kowalski

Jutta Pliefke, 51, ist Gynäkologin bei Pro Familia in Berlin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen