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Kolumne PressschlagGärtnern ohne Eigengewächse

BVB, Bayern München, VfB Stuttgart: Die Bundesliga ist im Jugendwahn. 18-Jährige aus dem Ausland sind die derzeit heißeste Handelsware.

Jugend forsch! Jadon Sancho steht in Diensten von Borussia Dortmund Foto: dpa

S üße 17 war Alexander Isak, als er vor zwei Jahren bei Borussia Dortmund vorgestellt wurde. Der Schwede wurde als Megatalent bezeichnet, als Mini-Ibrahimovic, und kaum einer hat sich darüber gewundert, dass die Dortmunder 10 Millionen Euro an den FK Solna überwiesen haben. Der Transfer wurde als Erfolg für die Bundesliga gefeiert. Denn auch Real Madrid soll interessiert gewesen sein.

Als sich nach der EM 2016 die portugiesische Turnierentdeckung Renato Sanches, damals 18, dem FC Bayern anschloss, wurde auch das als Erfolg für die Liga bezeichnet. Wenn man schon in der Cham­pions League nicht mehr recht mithalten konnte, bei den großen Talenten der Welt, war die Bundesliga immer noch eine große Nummer.

In Deutschland gibt es viel Spielzeit für die megajungen Megatalente und dadurch die Möglichkeit für Berater und Spieler, den Marktwert der Megahoffnungsträger nach oben zu schrauben. Die Fans schwärmen von irren Auftritten, wie sie der englische Teenager Jadon Sancho bei Borussia Dortmund in dieser Saison zeigt. Scoutingteams aus der gesamten Liga sind ausgeschwärmt, um die Megastars der Zukunft im Ausland aufzuspüren.

Dass die Jugendlichen bei Weitem nicht immer die Erwartungen erfüllen, die in sie gesetzt werden, hält die Manager nicht auf bei der Suche nach Frischfleisch. Renato Sanches’ erste Auftritte bei den Bayern erregten beinahe schon Mitleid, und erst zu Beginn Saisonbeginn konnte er andeuten, dass er ein Guter werden könnte. Alexander Isak ist das bis jetzt nicht gelungen. Er wird nun in die niederländische Eredivisie an Willem II. Tilburg verliehen.

Jugendarbeit per Transfermarkt

Derweil zieht der FC Bayern München an einem jungen Kerl, der auf den Namen Callum Hudson-Odoi hört. Der Angreifer, der seit November volljährig ist, hat in dieser Saison fünfmal für den FC Chelsea auflaufen dürfen. Nicht nur der FC Bayern interessiert sich für den Burschen, auch der FC Liverpool ist an ihm inte­res­siert. Weil er sich in England kaum Einsatzzeiten verspricht, könnten die Bayern tatsächlich den Zuschlag erhalten.

In München könnte er dann das gerne so genannte Kanada-Juwel kennenlernen. Das heißt Alphonso Davies, hat 10 Millionen Euro gekostet und ist fünf Tage vor Hudson-Odoi 18 geworden. Er kam bis dato für die Vancouver Whitecaps in der Major League Soccer über außen. Ebenfalls kennenlernen wird er Maxime ­Awou­dja. Der gebürtige Münchner ist 20 Jahre alt und vor der Saison mit einem Profivertrag beim FC Bayern ausgestattet worden. Als Mega-Innenverteidiger-Talent hat ihn keiner bezeichnet, Einsatzzeiten in der 1. Mannschaft hat er bislang auch nicht vorzuweisen.

Junge Kicker aus dem eigenen Nachwuchs haben es nun noch schwerer, den Sprung zu den Profis zu schaffen

Es war schon immer schwer für junge Spieler, sich bei einem Verein über die eigene Jugend nach ganz oben zu arbeiten. Den sogenannten Eigengewächsen wurden erfahrene Spieler oft vorgezogen. Jetzt müssen sie zusehen, wie die Klubs Jugendliche aus der ganzen Welt scouten, die ihnen die Plätze bei den Profis streitig machen.

Bayern und Dortmund sind nicht die einzigen Klubs, die den Spielerweltmarkt nach Jugendlichen durchforsten. Der VfB Stuttgart hat gerade den 18-jährigen Innenverteidiger Ozan Kabak von Galatasaray Istanbul verpflichtet. Und Mönchengladbach soll an der Verpflichtung von Rabbi Matondo, auch er 18, von Manchester City interessiert sein. Die Jugendarbeit in der Bundesliga funktioniert. Sie findet auf dem Transfermarkt statt.

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Andreas Rüttenauer
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