Zwei Jahre Terroranschlag in Berlin: Bloß nicht in Angst verfallen
Am Mittwoch wurde der Opfer gedacht, die vor zwei Jahren beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz starben.
Trotz Glühwein, Tannenbäumen und „Last Christmas“ – besinnliche Weihnachtsstimmung will auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz nicht so richtig aufkommen. Die Sicherheitsauflagen wurden sichtbar erhöht, Passanten lesen in sich gekehrt die Namen der Opfer. Am gestrigen Mittwoch jährte sich der islamistische Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Fuße der Gedächtniskirche zum zweiten Mal.
Schon vor dem Eingang rufen einem die massiven, etwa einen Meter hohen Betonwälle den Abend des 19. Dezember 2016 in Erinnerung, als der Attentäter Anis Amri einen Sattelzug, dessen Fahrer er zuvor erschossen hatte, in den gut besuchten Weihnachtsmarkt lenkte. Elf Menschen wurden getötet, 70 weitere wurden verletzt.
Zwei Jahre nach der Tat sind sowohl die Angst vor einem weiteren Anschlag als auch die Trauer um die Opfer nicht verblasst. Neben Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), mehreren Senatoren, Polizeipräsidentin Barbara Slowik sowie dem Opferbeauftragten der Bundesregierung, Edgar Franke, versammelten sich am Mittwochvormittag rund 100 Menschen an der Kapelle der Gedächtniskirche und gedachten der Opfer. Viele legten Kränze und Blumen an das Mahnmal, auch eine Schweigeminute wurde abgehalten. Für den Abend waren eine Gedenkandacht in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und Glockenschläge zum Anschlagszeitpunkt um 20.02 Uhr geplant.
Nicht nur die grauen Barrikaden, sondern auch Metallgitterkörbe, die mit zwei bis drei Tonnen schweren Sandsäcken gefüllt sind, sollen Nachahmertaten möglichst verhindern.
Strengere Taschenkontrollen gefordert
Eine weitere Schutzmaßnahme des Senats ist die Einschränkung des Verkehrs auf den anliegenden Straßen. So sind die Budapester und die Tauentzienstraße auf Höhe des Platzes bis zum 6. Januar für Autofahrer*innen gesperrt, nur Radfahrer*innen, Lieferverkehr und Linienbusse dürfen passieren.
Betreiber eines Weihnachtsmarktstandes, der den Anschlag vor zwei Jahren miterlebte
Ob die Sicherheitsmaßnahmen ausreichend sind, wird unter den Besuchern des Marktes völlig unterschiedlich wahrgenommen. Während Passantin Elisa Breuer zum Beispiel strengere Taschenkontrollen an den Eingängen fordert, meint Torben Reber aus Westdeutschland, die Maßnahmen seien angemessen und wohldosiert.
Er fühle sich sicher, ohne das Gefühl zu haben, in einer Hochsicherheitszone zu flanieren, wie er sagt. Der Betreiber eines Weihnachtsstandes, der den Anschlag vor zwei Jahren selbst miterlebte, sieht das ähnlich: „Absolute Sicherheit gibt es sowieso nicht“, sagt er. Man könne immer irgendwo von einem Verrückten erschossen werden.
Bereits am Montag hatte der Regierende Michael Müller erklärt: „Noch immer ist die Wunde nicht verheilt, die dieser feige Anschlag gerissen hat.“ Innensenator Andreas Geisel (SPD) rief jedoch dazu auf, sich durch die Möglichkeit von Terroranschlägen nicht einschüchtern zu lassen. Niemand könne ein Attentat ausschließen, sagte Geisel am Mittwoch im Inforadio des RBB. Worauf es aber ankomme, sei, nicht „in Angst zu verfallen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!