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Zwischen Rücktritt und Shutdown

Donald Trump will dem Übergangshaushalt nicht zustimmen, wenn dieser keine Mittel für die Mauer zwischen den USA und Mexiko vorsieht. Gleichzeitig läuft ihm sein Verteidigungsminister James Mattisdavon

Wladimir Putin und Baschar al-Assad sind von Trumps jüngsten Manövern begeistert

Von Bernd Pickert

US-Präsident Donald Trump hat schon wieder ein Regierungsmitglied verloren. Am Donnerstag erklärte Verteidigungsminister James Mattis seinen Rückzug. Grund seien erhebliche Meinungsverschiedenheiten mit Trump und dessen Geringschätzung internatio­naler Allianzen, letzter Anlass die Anordnung des Rückzugs von 2.000 US-Soldaten aus Syrien.

Laut Medienberichten hatten sich auch Außenminister Mike Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton gegen den Abzug ausgesprochen, sich aber bei Trump nicht durchsetzen können. Auch international war die Ankündigung auf Kritik gestoßen – lediglich der russische Präsident Wladimir Putin, wichtigster Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, hatte den Schritt begrüßt.

Stattdessen heißt es aus dem Weißen Haus jetzt, auch aus Afghanistan sollten demnächst die Hälfte der derzeit rund 14.000 dort stationierten US-Soldaten abgezogen werden.

Mattis’ Rückzug kommt in einem auch innenpolitisch schwierigen Moment für Trump. Am Mittwoch hatte der Senat ­einen Übergangshaushalt verabschiedet, der die Fortführung der Regierungsgeschäfte bis zum 8. Februar ermöglicht und einen sogenannten Shutdown, eine Ausgabesperre für fast alle Behörden, vermeidet. Nicht darin enthalten: die von Trump geforderten 5 Milliarden US-Dollar für seinen gewünschten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko.

Am Freitag, bevor in der Nacht zu Samstag die Deadline abläuft, musste das Repräsentantenhaus dem noch zustimmen, damit Trump unterschreiben kann und der Shutdown vermieden wird. Der republikanische Repräsentantenhaussprecher Paul Ryan erklärte allerdings, Trump werde ohnehin nicht unterschreiben, und stellte auch die Zustimmung der Parlamentskammer infrage. Wenige Stunden zuvor hatten sich führende republikanische Abgeordnete mit Trump getroffen.

Dass allerdings ein Shutdown Mehrheiten für die von den Demokraten abgelehnte Mauer bringt, ist nicht zu erwarten. „Trumps Wutanfälle mögen zu einem Shutdown der Regierung führen, sie sorgen aber nicht dafür, dass er die Mauer bekommt“, sagte der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer. Wenn am 3. Januar der im November neu gewählte Kongress erstmals zusammentritt, übernehmen die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus – das vermutlich endgültige Aus für Trumps Mauer. In den vergangenen Tagen schien er das verstanden und den Rückzug angetreten zu haben.

Allerdings war er aus den konservativsten Reihen seiner eigenen Anhänger dafür scharf kritisiert worden, sodass manche Medienkommentare nun davon ausgehen, dass der angekündigte Truppenrückzug eine direkte Reaktion auf Trumps Scheitern in der Mauerfrage sein könnte. So hätte er wenigstens ein Wahlkampfversprechen erfüllt.

Dass mit James Mattis erneut ein außen- und verteidigungspolitisch erfahrenes Regierungsmitglied das Kabinett verlässt, weckt bei vielen Kommentatoren die Besorgnis, Trump allein bestimme nunmehr die US-Außenpolitik. Mattis sei eine „Insel der Stabilität“ im Chaos der Trump-Regierung gewesen, erklärte etwa der demokratische Senator Mark Warner auf Twitter. Sein republikanischer Amtskollege Ben Sasse aus Nebraska sprach von einem „traurigen Tag für Amerika, denn Minister Mattis hat Trump Rat gegeben, den der Präsident dringend hören muss“.

Nach dem Rauswurf von Justizminister Jeff Sessions und dem Rücktritt von Stabschef John Kelly ist Mattis das dritte hochrangige Regierungsmitglied, dass binnen wenigen Wochen aus dem Amt scheidet. Laut Trump bleibt Mattis bis Februar im Amt.

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