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Datenschutz macht Druck

Datenschützer wehrt sich gegen „Gesichtsabdruck“

Menschen aus tausenden Bildern automatisch identifizieren, einen „Gesichtsabdruck“ erstellen und Videos nach bestimmten Personen durchsuchbar machen – das kann die Gesichtserkennungssoftware „Videmo 360“. Und die Hamburger Polizei setzt sie ein.

Seit März wurden damit etwa 32.000 Video- und Bilddateien automatisch ausgewertet, um Straftaten im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel aufzuklären: etwa Überwachungsaufnahmen aus S-Bahnen, den Polizei-Kameras und jene Handyvideos, die BürgerInnen über ein Hinweisportal hochluden.

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar sieht für diese automatische Gesichtserkennung keine Rechtsgrundlage. Caspar ist nicht zimperlich. Seit seinem Amtsantritt 2009 legte er sich unter anderem mit Google und Facebook an. Und nun eben mit Hamburgs Innenbehörde, Polizei und Staatsanwaltschaft. Denn am Dienstag ordnete er an, die gesamte biometrische Referenzdatenbank mit den Gesichtsabdrücken zu löschen. Einen Monat hat die Innenbehörde nun Zeit, der Anordnung Folge zu leisten oder dagegen zu klagen.

Beanstandet hatte Caspar die Gesichtserkennung bereits im August. Mit der Anordnung geht er nun einen Schritt weiter – sie ist ein neues Instrument, das auf die EU-Datenschutz-Grundverordnung zurückgeht und nun wohl erstmals gegen eine Polizeibehörde angewandt wurde.

Dem Landesdatenschützer geht es um Grundsätzliches. Denn die Hamburger Polizei hatte erklärt, die Gesichtserkennung künftig dauerhaft nutzen und ausbauen zu wollen. Im taz-Interview erklärte Caspar, das wäre für ihn dann „der Einstieg in die absolute Kontrolle der öffentlichen Bereiche“. Die biometrische Erfassung betreffe tausende BürgerInnen, die nicht tatverdächtig sind. Sie ermögliche der Polizei ein umfassendes Profil der Bewegung, Kontakte und des Verhaltens Einzelner. Betroffene könnten verwechselt werden. Es fehle an Kontrollmechanismen. Über die Zulässigkeit eines solchen Eingriffs in die Grundrechte dürfe allein der Gesetzgeber entscheiden – und nicht eine Polizeibehörde.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sieht die Rechtsgrundlage für den Einsatz hingegen in der Strafprozessordnung. Das Auswerten der Videos sei eine Ermittlungshandlung, die Software nur ein Hilfsmittel. Grote erklärte, Caspars Einwände beträfen maßgeblich nur „hypothetische Einsatzmöglichkeiten“.

Die Innenbehörde will die Anordnung nun prüfen. Ein Sprecher erklärte: „Sollten sich darin keine Argumente finden, die in den bisherigen Rechtsgutachten noch nicht berücksichtigt wurden, werden wir Rechtsmittel einlegen.“ Und dann geht der Streit vor das Verwaltungsgericht. Jean-Philipp Baeck

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