Skandalschiff feiert keinen Geburtstag

Nach Korruptionsfall sagt die Marine Party ab

Nun auch noch Korruption: Ein Mitarbeiter des Marinearsenals Wilhelmshaven hat sich selbst der „Vorteilsnahme“ bezichtigt. Der Mann, der für die „technische Preisprüfung“ bei der Sanierung des Segelschulschiffs Gorch Fock zuständig ist, soll von interessierten Firmen verbilligte Darlehen erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft prüft den Vorfall zurzeit. Beim Klabautermann – was für ein Geschenk zum 60. Geburtstag des Dreimasters am Montag. Die geplanten Feierlichkeiten in der Marineschule Mürwik mit Enthüllung eines Ölgemäldes wurden angesichts dieser Umstände mal lieber abgesagt. Herzlichen Glückwunsch, Marine!

Die weiße Gorch Fock mit dem goldenen Albatros als Galionsfigur segelte auf dem Zehn-Mark-Schein, nahm als „Schwimmende Botschafterin“ an Festakten wie der 200-Jahr-Feier der US-amerikanischen Unabhängigkeit teil und war das erste Schiff der Bundesmarine, das nach dem Zweiten Weltkrieg einen polnischen Hafen anlief. Generationen von See-KadettIn­nen und Offiziersanwärter­In­nen – Frauen dürfen ab 1989 mit auf große Fahrt – lernten unter weißen Segeln Marine­traditionen und Kameradschaft kennen.

Aber der Lack bröckelt vom strahlenden Traumschiff. 2008 starb die damals 18-jährige Kadettin Jenny Böken. Sie fiel nachts von Bord. Unfall, Selbstmord, Totschlag? „Mord“, sagt ein Zeuge, der sich im September meldete und von sexuellen Übergriffen berichtet. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Fall erneut aufgerollt werden muss. Von Übergriffen war erneut 2010 nach dem Tod einer 25-jährigen Soldatin die Rede. Sie war aus der Takelage gestürzt. Aus vielen Berichten geht hervor, dass auf der Gorch Fock auch die soldatischen Traditionen Saufen, Mobbing und Gruppenzwang bestens gepflegt wurden.

Das Schiff kehrte in den Hafen zurück, um erst 2013 wieder in See zu stechen – mit neuem Sicherheitskonzept und anderen Umgangsformen mit den KadettInnen. Zwei Jahre später, im Dezember 2015, musste die Gorch Fock zur Sanierung in die Werft. Zehn Millionen Euro sollte die Reparatur anfangs kosten, inzwischen ist von 135 Millionen die Rede. Der Bundesrechnungshof prüft – die Selbstbezichtigung des Preisprüfers mag damit in Zusammenhang stehen. Nicht nur ums Geld gibt es Ungereimtheiten. Wie „Report Mainz“ im September berichtete, wird auf der Gorch Fock Tropenholz aus Myanmar verbaut, das wohl illegal geschlagen wurde. Benutzt werden soll es offenbar dennoch – es ist ja schon mal da.

„Kein Schiff steht für die Deutsche Marine wie die Gorch Fock“, schreibt die Bundeswehrpressestelle. Wenn das stimmen sollte – ach, arme Marine! ­Esther Geisslinger