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Basketballspieler Moritz WagnerMoes Mission

Moritz Wagner, 20, trägt das Trikot der Los Angeles Lakers. Der Deutsche geht mit LeBron James auf Korbjagd – das ist Fluch und Segen zugleich.

Bei den Los Angeles Lakers muss sich Moritz Wagner (links) beweisen Foto: dpa

New York taz | Moritz Wagner hat einen traumhaften Arbeitsplatz. Er spielt Basketball bei den Los Angeles Lakers. Doch manchmal sitzt er missmutig und gereizt in der Kabine. Der Rummel um seinen Spindnachbarn James nervt den Jungen aus dem Prenzlauer Berg bisweilen gewaltig, vor allem, wenn er Spiele verliert.

In der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag haben die L.A. Lakers gewonnen, mit 127:101 gegen die Golden State Warriors. Wagner kam in zwei Minuten Einsatzzeit zu zwei Assists, doch darum kümmerte sich natürlich niemand, denn der große LeBron hatte sich während des Spiels an der linken Leiste verletzt. Ein MRT soll Aufschluss über die Verletzung des 33-Jährigen geben. Bis zu seinem Ausfall kam James auf 17 Punkte und 13 Rebounds.

Wagner ist ein Teamplayer, es soll nicht um ihn gehen, das hat er schon nach seinem ersten Einsatz in Charlotte vor drei Wochen klargemacht, als er für seine ersten Treffer in der besten Profiliga der Welt überschwänglich von Teamkollegen und Fans gefeiert wurde. „Ich bin nicht hier, um ein Haufen Punkte zu machen. Ich bin hier, um dem verdammten Team zu helfen“, hat er da gesagt.

Die altruistische Einstellung legt der Rookie während seiner Spiele demonstrativ an den Tag: Der 2.08-Mann sitzt, an seinem Handtuch kauend, immer unruhig am Rand seines Klappstuhls und geht bei jedem Spielzug seiner Kollegen mit. Bei jedem Time-out klatscht er seine Mitspieler ab. In der Halbzeit holt er sich vom Veteranen Tyson Chandler, mit dem er sich den Job als Power Forward teilt, gern mal Tipps. Das wirkt vielleicht ein klein wenig streberhaft, ist aber weder verwunderlich noch unsympathisch.

Beeindruckende Leistungen im College

Wagner hat mit seiner Rekrutierung durch die Lakers im Sommer eine Chance erhalten, wie sie sich Berufssportlern nur selten bietet. Und der lange Kerl aus Berlin will alles tun, um das Beste daraus zu machen. Dass Wagner im vergangenen Juni in New York beim Draft – der Talentbörse der NBA – ausgerechnet vom Rekord-Champion LA Lakers gezogen wurde, hatte damals nicht nur ihn überrascht. Wagner hatte sich zwar in seiner letzten College-Saison mit einer beeindruckenden Leistung für die Michigan Wolverines in den Vordergrund gespielt. Daran, dass er gleich in der ersten Runde der komplizierten Spielerverlosung vom Markt geht und das für eines der Superteams der Liga, war jedoch ein kleiner Schock.

In den strategischen Überlegungen des Laker-Besitzers Magic Johnson, selbst eine der Legenden des Sports, ergab es jedoch Sinn. Johnson will die Lakers langfristig neu aufbauen und bastelt an einem Stamm aus vielversprechenden Talenten. Doch dann entschied sich, nur 14 Tage nach dem Draft, LeBron James dafür, das nächste Kapitel in seiner einmaligen Karriere in LA zu schreiben. Plötzlich war bei den Lakers alles anders.

Offiziell bleibt die Mannschaftsleitung in Hollywood noch immer bei der Geschichte des langfristigen Aufbaus. Doch jeder weiß, dass LeBron James nicht lange in einer Mannschaft spielen will, die keine Titelaussichten hat. Und die Fans in Los Angeles werden auch nicht Jahre warten, bis ihr neuer Superstar sie wenigstens in die Nähe einer Trophäe hievt. Das bringt die junge Riege der Lakers schon in ihren ersten Profi-Monaten enorm unter Druck, Wagner etwa oder auch seinen erst 19 Jahre jungen Kollegen Isaac Bonga, der über Philadelphia nach LA kam und gemeinsam mit Wagner eine kleine deutsche Delegation in Hollywood bildet. Man weiß, dass ein großer und teurer Neuzugang bevorsteht in LA, vielleicht noch in dieser Saison, spätestens in der nächsten. Und man weiß, dass dann viele der Jungen wieder abgegeben werden müssen.

Mit Biss im College

Moritz Wagner versucht mit dieser Situation professionell umzugehen, schließlich ist er trotz seiner erst 20 Jahre schon lange im Geschäft. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich als Neuling durchsetzen muss, das hat er schon als ganz junger Spieler bei Alba Berlin durchgemacht und später im knallharten amerikanischen College-Geschäft. „Ich arbeite Tag für Tag, Spiel für Spiel und versuche, immer besser zu werden“, sagt er. „Was soll ich auch sonst tun, alles andere unterliegt ja nicht meiner Kontrolle.“ Natürlich, daraus macht er keinen Hehl, würde er gerne Teil einer Stammformation rund um LeBron James werden, einer Truppe, die es in den Playoffs weit bringt. Aber er weiß, dass er das nicht geschenkt bekommt.

Immerhin hat Wagner sich schon einmal einen gewissen Vertrauensvorschuss erarbeitet, obwohl er wegen einer Knieverletzung erst verspätet in die Saison starten konnte. LeBron James hat Wagners Beitrag mehrfach öffentlich gelobt, „selbst wenn er nicht auf dem Platz steht“. Und wer James kennt, der weiß, dass er gegenüber den Medien nichts einfach mal so dahinsagt. Für James sind solche Äußerungen immer auch ein Weg, Druck auf die Mannschaftsleitung auszuüben, so, wie er in den letzten Wochen immer wieder gesagt hat, wie gerne er mit dem Star der New Orleans Pelicans, Anthony Davis, zusammenspielen würde.

Auch bei den Fans hat „Moe“ Wagner, wie sie ihn seit seinen College-Zeiten in den USA nennen, einen Stein im Brett. Als man im Barclays Center, wo die Lakers neulich gegen die Brooklyn Nets antraten, gegenüber zwei jungen Männern im Lakers-Jersey den Namen Wagner fallen lässt, brechen die in ein lautes Grölen aus: „Moe Wagner, Mann“, sagt der eine. „Wenn der erst Mal richtig Spielzeit bekommt, dann wird der ein ganz Großer.“ Einstweilen ist Moe jedoch noch ein Rookie, der sich durchbeißen muss. „Es ist nicht immer einfach, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.“

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