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Regimekritikerin aus VietnamHanoi sperrt Staatsbürgerin aus

Eine politische Gefangene war gegen ihren Wunsch nach Deutschland gekommen. Jetzt versucht sie vergeblich, nach Hause zurückzukehren.

Le Thu Ha (re.) mit dem Rechtsanwalt Nguyen Van Dai und dessen Ehefrau Foto: privat

Berlin taz | Vietnam hat in der Nacht zum Mittwoch einer vietnamesischen Staatsangehörigen die Einreise verweigert, als sie aus Deutschland in ihre Heimat zurückkehren wollte. Le Thu Ha war die Assistentin des prominenten Dissidenten und Rechtsanwaltes Nguyen Van Dai. Gemeinsam mit ihm war sie im vergangenen Juni nach Verbüßung von mehr als zwei Jahren Haft wegen oppositioneller politischer Tätigkeit begnadigt worden und nach Deutschland ausgeflogen.

Damals hatte die Frau zwar die Haftanstalt verlassen wollen, in der sie streng isoliert saß. Aber sie wollte gar nicht nach Deutschland. Doch die Behörden in Vietnam begnadigen politische Gefangene generell nur dann, wenn ein anderer Staat sie aufnimmt.

Nach Informationen auf der Facebookseite der vietnamesischen oppositionellen Vereinigung „Bruderschaft für Demokratie“ soll Le Thu Ha am Dienstag gegen 19 Uhr auf dem Hanoier Flughafen gelandet sein. Le Thu Ha ist studierte Anglistin und Assistentin der „Bruderschaft“.

Abgeschoben aus dem eigenen Land

Nach ihrer Ankunft am Hanoier Airport brach der Kontakt ab, ihr wurde offensichtlich ihr Handy abgenommen.

Diese Information hat auch die britische BBC, die Le Thu Has Mutter interviewte. Am Mittwoch gegen 11 Uhr MEZ meldete sie sich dann von Thailand aus bei der Mutter. Sie sei dorthin abgeschoben worden und warte auf die weitere Abschiebung nach Deutschland. In Hanoi hatte sie ihren eigenen Angaben zufolge den Flughafen nicht verlassen dürfen.

Eine offizielle Äußerung des Auswärtigen Amtes, die die Darstellung bestätigt oder dementiert, lag zunächst nicht vor.

Nie mit dem Exil abgefunden

Nach Angaben der „Bruderschaft für Demokratie“ hätten Polizeibeamte in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch das Elternhaus von Le Thu Ha aufgesucht und den Eltern der 34jährigen mitgeteilt, dass ihre Tochter das Recht verwirkt hätte, nach Vietnam zu reisen.

Anders als der Rechtsanwalt Nguyen Van Dai selbst war seine Assistentin von der langen Isolationshaft schwer gezeichnet. Als die taz sie im Juli traf, wirkte die Anglistin unkonzentriert und unsicher.

Nach Informationen aus ihrem Umfeld in einem Vorort von Frankfurt am Main hätte die 34-Jährige sich nie damit abgefunden, in Deutschland zu leben.

Wohin jetzt?

Sie hätte einen Reiseausweis für Flüchtlinge, eine langfristige Aufenthaltserlaubnis, eine Arbeitserlaubnis sowie teilweise auch die medizinische Behandlung verweigert. Allerdings ließ auch die Integration in Hessen zu wünschen übrig: Auf einen Deutschkurs musste sie lange warten.

Weil sie die Papiere verweigert hatte, läuft ihre Aufenthaltserlaubnis für Deutschland Ende November eigentlich ab. Es war zunächst unklar, ob sie tatsächlich nach Deutschland zurückkehren wird. Das Auswärtige Amt ließ eine Frage der taz dazu bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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