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Grundgesetzänderung für BildungBund darf nun Schule machen

Das Kooperationsverbot wird aufgehoben: Nach langen Verhandlungen haben sich Regierungsfraktionen sowie Grüne und FDP geeinigt.

In Sachen Bildung können und müssen die Länder künftig mit dem Bund rechnen Foto: dpa

BERLIN taz | Die Regierungsfraktionen sowie die Oppositionsfraktionen von Grünen und FDP haben sich am Freitag auf eine Aufhebung des Kooperationsverbots in der Bildung geeinigt. Alle vier verständigten sich auf eine Änderung des Grundgesetzes, die im Bundestag nächste Woche und im Bundesrat noch vor Weihnachten mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden soll.

Diese ist unter anderem Voraussetzung, damit der Bund wie lange geplant in die Digitalisierung der Schulen investieren kann. Dafür sind in dieser Legislaturperiode 3,5 Milliarden Euro vorgesehen. Das Geld aus dem sogenannten Digitalpakt soll ab 2019 in Endgeräte für Schulen, in Lernplattformen und Fortbildungen fließen.

Die nun vereinbarte Änderung bezieht sich auf Artikel 104c des Grundgesetzes. Dort heißt es bisher: „Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der finanzschwachen Gemeinden … im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren.“ Nunmehr soll dieser Artikel ausführlicher gefasst und ergänzt werden. Geeinigt hat man sich auf die Formulierung: „Der Bund kann den Ländern zur Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen sowie mit diesen verbundene besondere unmittelbare Kosten der Länder und Gemeinden … im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren.“

Die Beschränkung auf finanzschwache Gemeinden entfällt also, stattdessen dürfen auch qualitative Verbesserungen, also etwa Fortbildungen für LehrerInnen bezuschusst werden.

Der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring, lobt den Kompromiss als Verhandlungserfolg von Grünen und FDP: „Wir haben es geschafft, dass der Bund nicht nur in Beton, sondern auch in Köpfe investieren darf, und zwar verlässlich. Von dieser Einigung werden Lehrkräfte und Schüler sowie Schulen am Limit profitieren.“

Wir haben es geschafft, dass der Bund nicht nur in Beton, sondern auch in Köpfe investieren darf, und zwar verlässlich

Kai Gehring, Grüne

Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion die Linke, Birke Bull-Bischoff sieht noch Luft nach oben: „Geeinigt hat man sich auf eine Kann-Bestimmung, wir brauchen aber eine Muss-Bestimmung. Bildung muss Gemeinschaftsaufgabe werden.“

Um die Aufhebung des 2006 beschlossenen Kooperationsverbots hatten Union und SPD lange gerungen. „Die Einigung auf eine Grundgesetzänderung zur Abschaffung des Kooperationsverbots ist ein großer bildungspolitischer Erfolg“, so der bildungspolitische Sprecher der SPD Oliver Kaczmarek.

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1 Kommentar

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  • Eine Grundgesetzänderung zur Aufhebung des Kooperationsverbot im Bereich der Bildung zwischen dem Bund und den Ländern ist eine gute Idee. Das jetzt der Bund 3,5 Mrd. € in die alten aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bildungsstrukturen an die 16 Bundesländer für die Digitalisierung der Schulen in Endgeräte, Lernplattformen und Fortbildung überweisen wird, ist ja vielleicht auch irgendwie eine ganz nett gemeinter Schachzug der Wahlpropagandisten und Parteilobbyisten.

    Ohne diese Mittel mit einem klaren Bildungskonzept für eine "Freie Entfaltung der Persönlichkeit" ( Artikel 2 des Grundgesetz unserer rechtsgültigen Grundrechte" für das 21. Jahrhundert zu verbinden, gleicht die Idee jedoch wohl eher mal wieder einer echten Schildbürgerei aus dem Haus für abgewandte christlich soziale Demokratie.

    Anlässlich des zu Ende gehenden Kulturebejahr der Europäischen Union Sharing Heritage 2018, in dem sich besonders die deutsche Bundeskanzlerin für einen grenzüberschreitende, mobile, langfristige und chancengleiche Bildung mit dem Ziel der Verbesserung des gegenseitigen kulturellen Verständnis einsetzen und den Ball der Veränderung ins rollen bringen wollte, scheint jegliche Erkenntnis, dass zu einer freien Entfaltung der Persönlichkeit auch eine bedingungslose, das heißt eine chancengleiche Förderung aller individuellen, kreativen, schöpferischen Fähigkeiten gehört nicht vorzukommen.

    In einer Zeit in der fast jeder gleich welchen Alters ein mobiles Smartphon besitzt, es ein Lexikon im Netz gibt und uns seit Jahrzehnten die öffentlich rechtlichen wie auch die privaten Medien leicht verständliche Lern- und Weiterbildungsplattformen für alle unsere menschliche Existenz betreffende Bereiche anbieten, benötigen wir keine Aktionen aus dem Mustopf.

    Was wir brauchen ist ein neues Denken das den Pioniergeist in die Schulen trägt zum Beispiel humanistisch polytechnische "Bundes Pionier Schulen" die das geistig kulturelle Erbe weiter tragen. Einfach mal Pioniere und Bildung googln.