piwik no script img

Bundestag verabschiedet RentenpaketMehr Geld für alte Mütter und Kranke

Von den Gesetzen sollen rund drei Millionen GeringverdienerInnen profitieren. Die Opposition warnt vor „explodierenden Kosten“.

Millionen von RentnerInnen und Teilzeitbeschäftigte erhalten mit dem Rentenpaket einige Euro mehr im Monat Foto: dpa

Berlin taz | Auf der SPD wird ja derzeit viel herumgehackt, aber die am Donnerstag im Bundestag verabschiedeten Gesetze zur Rente erinnerten wieder an alte Zeiten einer expansiveren Sozialpolitik. Millionen Menschen bekommen damit einige Euro mehr im Monat, darunter Rentnerinnen, Erwerbsgeminderte, Teilzeitbeschäftigte. Das Rentenpaket sei eine „Anerkennung für Menschen, die Kinder erzogen haben“, sagte Hubertus Heil (SPD). Der FDP-Abgeordnete Johannes Vogel hingegen warnte vor „explodierenden Kosten“. Die Bundesregierung habe „sich entschieden, die Linkspartei einzuholen“.

Das Rentenpaket kostet im kommenden Jahr 4,1 Milliarden Euro, der größte Anteil von 3,8 Milliarden entfällt dabei auf die Aufstockung der Mütterrenten. Danach bekommen Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, für jedes Kind pro Monat im Westen 16 Euro, im Osten 15,35 Euro mehr an Rente. Es ist ein Schritt zu einer Angleichung: Mütter mit jüngeren Kindern erhalten immer noch etwas mehr Rentenpunkte pro Kind gutgeschrieben.

Krankheitsbedingten FrührentnerInnen werden längere sogenannte Zurechnungszeiten zugestanden. Das heißt, ihnen werden mehr Rentenpunkte für die beschäftigungsfreie Zeit gutgeschrieben. Dies kann bei einem Durchschnittsverdiener eine 100 Euro höhere monatliche Erwerbsminderungsrente bedeuten. Diese Verbesserungen schlagen nach einer Rechnung der Deutschen Rentenversicherung im nächsten Jahr mit 100 Millionen Euro zu Buche. Das bedeutet eine Milliarde Euro Mehrkosten im Jahre 2025. Die am Donnerstag beschlossene weitere Steigerung gilt aber nur für NeurentnerInnen ab 2019, was von der Linkspartei heftig kritisiert wurde.

Rund 3 Millionen GeringverdienerInnen sollen laut dem Rentenpaket von einer Entlastung der Sozialabgaben profitieren. Wer mehr als 450 Euro, aber weniger als 1.300 Euro brutto verdient, zahlt dabei verminderte Sozialbeiträge. In diesem „Übergangsbereich“ sollen aber die Rentenansprüche so aufgestockt werden, als hätte der oder die ArbeitnehmerIn den vollen Rentenbeitrag gezahlt.

Bisher schon gibt es eine „Gleitzone“ mit verminderten Sozialbeiträgen, die aber eine Höchstgrenze von 850 Euro brutto im Monat vorsieht und auch keine Rentenansprüche aufstockt. Die neue Subvention der Sozialversicherungsbeiträge soll etwa 200 Millionen Euro jährlich kosten.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wies darauf hin, dass von der Subvention des „Übergangsbereichs“ vor allem teilzeitarbeitende Frauen profitieren könnten, die weniger als 1.300 Euro brutto verdienen. Wer zum Mindestlohn in Vollzeit arbeitet, liegt über dieser Grenze und muss die vollen Sozialversicherungsbeiträge entrichten.

Experten befürchten mehr Kosten

Ein Kernpunkt des neuen Rentenpakets ist die „doppelte Haltelinie“. Dies ist eine Garantie der Bundesregierung, dass das sogenannte Rentenniveau im Verhältnis zum Durchschnittslohn bis zum Jahr 2025 die 48 Prozent nicht unterschreitet, also etwa stabil bleibt. Außerdem soll bis zu diesem Zeitpunkt der Beitragssatz zur Rente 20 Prozent vom Bruttolohn nicht überschreiten. Danach allerdings befürchten Experten aufgrund der Demografie erhebliche Kostensteigerungen, um die Rente zu finanzieren.

Sie haben sich entschieden, die Linke einzuholen

Johannes Vogel, FDP

Die Beitragszahler werden für die höheren Kosten des Rentenpakets indirekt zur Kasse gebeten. Eigentlich müsste aufgrund der guten Konjunktur der Beitragssatz für die Rentenversicherung von 18,6 auf 18,2 Prozent im nächsten Jahr sinken. Tut er aber nicht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer büßen dadurch eine Kostenentlastung von 6 Milliarden Euro im Jahr ein.

Am Donnerstag wurde auch ein Gesetz zur besseren Förderung von Langzeitarbeitslosen, das sogenannte „Teilhabechancengesetz“, verabschiedet. Wer in den zurückliegenden sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz-IV-Leistungen bezogen hat, soll bei Unternehmen, Kommunen und sozialen Einrichtungen die Chance auf einen geförderten sozialversicherungspflichtigen Job bekommen. Der Bund übernimmt für die ersten beiden Jahre die Lohnkosten in voller Höhe, der Zuschuss sinkt dann ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Die alten Mütter, zu denen ich auch gehöre, bekommen immer noch nicht den vollen Rentenpunkt. Das ist diskriminierend und würde, wenn wir keine alten Mütter wären, einen Sturm der Entrüstung auslösen, auch in der TAZ.



    Das ist beschämend!

    Diese verminderte Angleichung verdanke ich und viele andere Frauen, der SPD. Die CSU, ja ausgerechnet die, hatte die Idee der Mütterrente ins Spiel gebracht.



    Völlig verkehrte Welt.

    Am 12.11. wird in Bonn eine Petition übergeben, den viele unterschrieben haben, zwecks Gleichstellung der Mütter.

    Vom WDR ist "FrauTV" bei der Übergabe dabei.



    Mals sehen, ob es was bringt.



    Wäre schön, wenn auch in anderen Medien darüber berichtet würde.

  • Die Mütterrente ist eine Forderung der CSU gewesen. Das hat nix mit der SPD zu tun, Herr Heil ist nur der Verkünder der frohen Botschaft.

    Davon profitieren "ältere" Frauen, die für die Kinder oftmals noch länger zu hause geblieben sind, als es heute der Fall ist. Die klassische Hausfrauen eben, die jetzt oftmals nur eine ganz kleine eigene Rente zu ihrer Witwenrente dazu bekommen ... erarbeit wird der zusätzlich notwendige Rentenbeitrag solidarisch von den heutigen "Rabenmüttern", die max. ein Jahr nach der Geburt zu hause blieben können, um dann wieder zu arbeiten ... und dafür von der älteren Generation - gerade im CSU-Bayern scheel angeschaut wird.

  • Klingt alles nicht so grossartig. Das Mütter bessergestellt werden ist ok und sollte von Steuerzahler finanziert werden. Die Verbesserungen bei den geringverdienern in Höhe von ein paar hundert Mio kommen am Ende den sozialkassen zugute. Es dürfte ein nullsummen Spiel sein.

    Seltsam ist, das die Änderungen 4.1 Mrd kosten und darin noch Steuern sein sollen, aber die Beitragszahler 6.3 Mrd bezahlen. Wer steckt die Differenz ein?

  • " Auf der SPD wird ja derzeit viel herumgehackt, aber die am Donnerstag im Bundestag verabschiedeten Gesetze zur Rente erinnerten wieder an alte Zeiten einer expansiveren Sozialpolitik."

    Frau Dribbusch scheint vergessen zu haben, dass die Ausweitung der Mütterrente eine CSU-Idee war und ursprünglich von der SPD in den Koalitionsverhandlungen abgelehnt wurde. Aus einem Rentenpunkt für alle Kinder vor 1992 wurden dann im Rahmen des Kompromisses weniger.



    Also kommt die teuerste Sozialmaßnahme ausgerechnet von der Union - in solchen Zeiten leben wir...