Mexikanischer Drogenboss „El Chapo“: Kleiner Mann – was nun?
Als Bauernsohn geboren, wurde er mit dem Drogenhandel Milliardär. Nun steht „El Chapo“ vor Gericht. Mexikanische Politiker zittern.
Wieder einmal hatte „El Chapo“ – der Kurze – wie der 61-jährige Guzmán wegen seiner geringen Körpergröße genannt wird, die Strafverfolger ausgetrickst. Besser gesagt: Wieder einmal konnte der Chef des Sinaloa-Kartells auf die gute Zusammenarbeit mit Sicherheitskräften und höchsten Regierungskreisen vertrauen. Denn niemand zweifelt daran, dass er nur mit deren Hilfe ausbrechen konnte. Wie schon 2001, als Guzmán aus dem Hochsicherheitsknast Puente Grande flüchtete.
Wer ihm bei seinen beiden Ausbrüchen beistand, das könnte jetzt das New Yorker Bundesgericht aufdecken. Denn ab Montag muss sich der Mexikaner dort für sein kriminelles Lebenswerk verantworten. Es geht um Geldwäsche, Drogenschmuggel, Waffenbesitz, Mord und mehr. Eigenhändig soll der Mafiaboss mindestens 30 Personen hingerichtet haben, die Zahl der Todesopfer seines Kartells dürfte in die Zehntausende gehen.
Geschützt in der Heimat
Dabei hat Guzmán klein angefangen. Geboren als Sohn eines armen Orangenbauers im Bundesstaat Sinaloa, ist er mit 15 ins Drogengeschäft eingestiegen. Mittlerweile soll die Familie Guzmán drei Milliarden US-Dollar besitzen. Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes hat El Chapo auf die Liste der reichsten Personen gesetzt. „Ich liefere so viel Heroin, Amphetamin, Kokain und Marihuana wie sonst niemand in der Welt“, behauptete er. Immer wieder zog es ihn in seine Heimat Sinaloa zurück. Hier kannte und schützte man ihn, und hier lebt auch seine Frau Emma Coronel, mit der er Zwillinge hat. Zwei seiner Söhne aus den beiden vorhergehenden Ehen führen inzwischen die Geschäfte in Papis Kartell weiter.
„El Chapo“, Drogenboss
In einer Finca in den Bergen von Sinaloa traf er sich auch nach seinem letzten Ausbruch mit dem Schauspieler Sean Penn und dessen Kollegin Kate de Castillo. Mit ihr wollte er sein Leben verfilmen. Aber daraus wurde nichts: Wohl wegen dieses Treffens wurde Guzmán am 8. Januar 2016 aufgespürt und festgenommen. Ein Jahr später lieferten ihn die Mexikaner den US-Behörden aus.
Seither sitzt der Kurze in Isolationshaft, hat Depressionen und klagt über brutale Haftbedingungen. Im Gegensatz zu anderen gefangenen Mafiabossen hat sich El Chapo bislang geweigert, mit den Behörden zu kooperieren. Sollte er seine Haltung ändern, dürfte das so manchem mexikanischen Politiker den Kopf kosten. Den Geschäften tut Guzmáns Verhaftung dagegen keinen Abbruch: Vergangene Woche meldete die US-Antidrogenbehörde DEA, das Sinaloa-Kartell habe weltweit expandiert.
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