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Training für SoldatenDie Angst vor dem Schuss

Auch Soldaten müssen unter realen Bedingungen üben, auf dem Truppenübungsplatz. Sie lernen das Autofahren ja auch nicht am Simulator.

Können mit etwas Pech auch Bäume fällen: Panzer Foto: dpa

Hamburg taz | Mir brach der Schweiß aus, als mein Panzer plötzlich zum Schlitten wurde. Wir hatten ihn zum Sichtschutz hinter eine Baumreihe manövriert – leider auf einen fetten Wiesenhang. Als wir wieder losfahren wollten, kamen die 40 Tonnen Leo­pard eins ins Rutschen. Keine Chance, das Ding aufzuhalten, die Ketten drehten durch. Sie hatten Gummipolster zu ihrer Schonung auf der Straße, die auf der Wiese nicht griffen. Der Panzer mähte einen 40-jährigen Baum um. Der Feldwebel war nicht erbaut und verdonnerte die Besatzung dazu, das Ding mit der Bügelsäge zu zerkleinern.

In einem Simulator wäre uns diese Erfahrung erspart geblieben und das dürfte eben der Grund gewesen sein, warum wir bei einer sogenannten freilaufenden Übung durch die niederbayerische Landschaft gondelten und warum die Bundeswehr Truppenübungsplätze betreibt. Es ist eben selbst in Zeiten fortgeschrittener Simulationstechnik ein Unterschied, ob ein Soldat eine Kanone in echt abfeuert oder ob er sich nur virtuell vergewissert, dass er getroffen hat.

Dieser Unterschied liegt nicht zuletzt im Stress. Ein Kanonenschuss entwickelt gewaltige Hitze, Rückstoß und Rauch. Beim echten Training hat es Folgen, wenn ein Pistolenschuss sich versehentlich löst oder auch nur eine Übungshandgranate falsch geworfen wird.

Klemmende Waffen kennenlernen

Dazu kommt, dass sich der Soldat nur in freier Wildbahn im Gelände verfahren oder verlaufen kann. Nur dort kann er Gräben ausheben, Unterstände bauen, Fahrzeuge tarnen. Nur dort lässt sich üben, mit dem Klumpatsch an Ausrüstung und deren technischen Tücken zurecht zu kommen: Was tun, wenn die Maschinenpistole klemmt oder der Panzer in einem scheinbar harmlosen Graben stecken bleibt?

Die Bundeswehr betreibt deshalb Übungsplätze für unterschiedliche Zwecke: Auf solchen wie in Munster in der Lüneburger Heide wird vor allem das Schießen und Bewegen geübt. Hier werden im Wesentlichen Übungsgranaten verschossen, die bei echten Zielen nicht durchschlagen würden. Echte wären zu teuer.

Anders sieht das bei dem Gelände der wehrtechnischen Dienststelle im Emsland aus, wo ja gerade die Waffenwirkung getestet werden soll. Hier wäre am ehesten mit giftigen Rückständen zu rechnen.

Im Gefechtsübungszentrum der Bundeswehr in der Altmark wiederum werden die Schüsse zwar simuliert, aber die Bewegungen und Handgriffe der bis zu 1.500 Soldaten, die hier zugleich üben können, sind real. Nur dass jede Bewegung und jeder Schuss in einen Computer eingespeist wird, sodass die Übungen bis ins Detail ausgewertet werden können. Erst zum Zwecke der Analyse wird das Gefecht virtuell.

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1 Kommentar

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  • Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.