piwik no script img

Neue Edition der LMd: „Die Essenmacher“Jenseits kulinarischer Befindlichkeiten

Ich esse, also bin ich! Noch nie wurde so viel über Ernährung geredet: Low Carb, No Carb und Weizenwampe, Veganismus und Intervallfasten, Adipositas und Magersucht. In unserer kulinarischen Komfortzone werden wir Verbraucher*innen umstellt von immer neuen Schlagworten und angeblichen Megatrends. Es ist noch gar nicht lange her, da tranken wir zum Wurstbrot Hagebuttentee, heute gibt’s „Long Live Tea“ aus Minze, Ingwer, Gojibeeren und getrocknete Datteln. Im Fernsehen werden Kochsendungen langsam zur Landplage.

Essen ist auf dem Weg, zur neuen Religion zu werden. Andersessende müssen bekehrt werden, sie sollen Heilung erfahren. Was kann ich überhaupt noch essen, was ist gesund, fair, bio, artgerecht, fragt man sich vor lauter Qualitätssiegeln und Ernährungspyramiden.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die offizielle Magenwächterin der Republik, mischt nach Kräften mit. Zuletzt hat sie ihre Ernährungsregeln in wichtigen Punkten umgeschrieben. Light-Produkte sind plötzlich aus der Empfehlungsliste verschwunden. Der Dämonisierung des Fetts wurde ein wenig Einhalt geboten. Mit ihren Empfehlungen für eine kohlenhydratreiche Kost ist die DGE dagegen zurückhaltender geworden. Wir lernen: Was gestern richtig war, kann heute schon falsch sein. Und umgekehrt.

Doch es gibt Wichtigeres als den Bohei um die kulinarischen Befindlichkeiten in den reichen Ländern des Nordens. Die zentrale Frage, wie in Zukunft acht Milliarden Menschen satt werden, geht uns alle an.

Wie eng die Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer landwirtschaftlich und damit auch kulinarisch verbunden sind, zeigt etwa der Anbau von Futtermitteln und Gemüse. Deutschland hat ein Fünftel seiner Anbauflächen outgesourct; in der algerischen Wüste richtet der Tomatenanbau für den Weltmarkt irreversible ökologische Schäden an und Indien, das Land der Vegetarier, ist der weltweit größte Exporteur von Rindfleisch. Manfred Kriener

Die neue Edition LE MONDE diplomatique „Die Essenmacher. Was die Lebensmittel­industrie anrichtet“. Ab 9. 10. im Handel oder online:

www.monde-diplomatique.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen