: Der Luxuswagen für Übersee
DEUTSCHLAND Dicke Autos aus deutschen Landen haben weltweit einen guten Ruf. Doch Opel und Ford lassen schon kurzarbeiten
AUS BERLIN RICHARD ROTHER
Eine Million Elektroautos sollen im Jahr 2020 auf deutschen Straßen fahren. An diesem Ziel wollen Bundesregierung und Autoindustrie festhalten, hieß es am Montag nach einem Treffen im Kanzleramt. Dabei gibt es gehörige Zweifel an der Umsetzung. Man werde dieses Ziel „nicht ganz einfach erreichen“, räumte selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein.
Das Problem: Elektroautos sind teuer und haben eine geringe Reichweite. So werden sie in absehbarer Zeit nicht auf dem Massenmarkt landen. Dennoch mutet die Debatte um Zielsetzungen bei den Elektroautos an wie der Streit um den Barte des Propheten – die Autoindustrie plagt aktuell ein ganz anderes, konkretes Problem: der Absatz ihrer Produkte.
Zwar können die Hersteller in Deutschland die dramatischen Einbrüche in West- und Südeuropa noch auf den Märkten in Übersee kompensieren, während die französische und italienische Autoindustrie voll in die Krise rutscht. Aber spurlos geht der Absatzrückgang in Europa, der eine Folge der Eurokrise ist, auch an den hiesigen Produzenten nicht vorüber. So haben bereits die Massenhersteller Ford und Opel ihre Produktionsbänder angehalten. In dieser Woche legt auch Audi, die Premiumtochter von VW, eine Pause ein.
Niemand ist immun
Stefan Bratzel, Automarktexperte der Fachhochschule Bergisch Gladbach, hält die Lage für sehr ernst. Nicht einmal die deutschen Premiumhersteller seien immun. Allerdings hätten die Konzerne aus der Krise 2008/2009 gelernt, als der Staat den Absatz mit der Abwrackpremie ankurbeln musste. Diesmal würden die Hersteller Überkapazitäten vermeiden oder abbauen.
So schlimm wie 2008/09 sieht es nach Ansicht Bratzels derzeit aber nicht aus. Die große Frage sei, ob die europäische Krise eine globale werde. Dies sei noch nicht der Fall. Insbesondere die Premiumhersteller würden in China, USA und weiteren außereuropäischen Märkten nach wie vor gut verkaufen. Dies bestätigen Zahlen des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie. Allein in China wurden von Januar bis August 8,47 Millionen Neufahrzeuge verkauft, ein Plus von mehr als 9 Prozent. Zum Vergleich: In Westeuropa wurden in den ersten zwei Dritteln des Jahres 8,07 Millionen Autos verkauft, ein Minus von gut 7 Prozent.
In Russland und in den USA wuchs der Autoabsatz im selben Zeitraum um mehr als 14 Prozent. In Indien wurden 10 Prozent mehr Fahrzeuge, und in Brasilien knapp 7 Prozent mehr verkauft. Alles in allem Länder, in denen dicke Autos aus Deutschland bei den Wohlhabenden einen guten Ruf haben.
Porsche etwa freut sich aktuell sogar über einen kräftiges Absatzplus. Im nächsten Jahr werde der Weltmarkt aber weniger stark wachsen, sagte Porsche-Chef Matthias Müller auf dem Autosalon in Paris. Auch den Sportwagenhersteller treffe die Krise in Südeuropa. „Einen Porsche in Italien zu verkaufen, ist ganz schwierig im Moment.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen