: Union macht wieder Türkei-Wahlkampf
Merkel und Stoiber wenden sich erneut gegen EU-Vollmitgliedschaft des Landes. Kritik auch innerhalb der Union
BERLIN taz ■ Die Union hält an einem ihrer umstrittensten Wahlkampfthemen fest – dem Umgang der EU mit dem Beitrittswunsch der Türkei. Statt der angestrebten Vollmitgliedschaft will die Union nur eine „privilegierte Partnerschaft“ für das Land in der Europäischen Union – oder auch einen „privilegierten Rausschmiss“, wie Grünen-Chefin Claudia Roth den Vorschlag kennzeichnete. Auch innerhalb der CDU/CSU wurde Kritik laut. „Man muss das Thema diskutieren dürfen. Aber es eignet sich nicht für Wahlplakate“, sagte Bülent Arslan, Vorsitzender des deutsch-türkischen Forums in der CDU. Unions-Außenexperte Friedbert Pflüger warnte vor einer Emotionalisierung des Themas. „Wir wollen keine antitürkische Stimmung schüren.“
Am Freitag hatten sich Angela Merkel und Edmund Stoiber in einem Brief an zehn konservative EU-Regierungschefs dafür ausgesprochen, mit der Türkei nur über eine privilegierte Partnerschaft zu verhandeln. Sie kritisierten, dass die Türkei nach wie vor nicht bereit sei, den EU-Mitgliedstaat Zypern völkerrechtlich anzuerkennen. Auch die Durchsetzung der Menschenrechte stelle ein großes Problem dar.
Den Brief verschickten die Unions-Vorsitzenden gezielt nur wenige Tage vor einem informellen Treffen der EU-Außenminister. Am Donnerstag und Freitag beraten diese in Wales über die Verhandlungen mit der Türkei. Der offizielle Verhandlungsbeginn mit der türkischen Regierung ist dann für den 3. Oktober geplant.
CSU-Chef Stoiber zeigte sich optimistisch, dass die Union bei einem Wahlsieg die Verhandlungen mit Ankara entscheidend beeinflussen könne. Zwar wäre die amtierende Bundesregierung dann offiziell noch im Amt, ihr politischer Einfluss jedoch gering. „Wenn Angela Merkel Kanzlerin wird, dann haben wir andere Möglichkeiten, den Verhandlungsrahmen auf EU-Ebene zu beeinflussen“, sagte Stoiber am Samstag.
Politiker von SPD und Grünen kritisierten das Vorgehen der Union. „Die Haltung von Frau Merkel und Herrn Stoiber ist gefährlich blind angesichts der Zusagen, die seit 43 Jahren von deutschen Regierungen von Adenauer bis Kohl gemacht worden sind“, sagte Joschka Fischer. SARAH MERSCH
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