piwik no script img

die nachrichtUnd irgendwann vielleicht endlich ein Friedensvertrag

Beim Gipfeltreffen der mächtigsten Männer Nord- und Südkoreas gibt es leise Zeichen der Hoffnung: Grenzwachen werden abgezogen, Kim will Seoul besuchen, Atomfrage bleibt offen

Das Neue

Mit Kim Jong Un wird erstmals in der Geschichte der geteilten Halbinsel ein nordkoreanischer Machthaber in die südkoreanische Hauptstadt Seoul reisen – und zwar noch in diesem Jahr. Das haben Kim und Südkoreas Präsident Moon Jae In am Mittwoch bei ihrem Gipfeltreffen in Pjöngjang angekündigt.

Außerdem sollen – fast sieben Jahrzehnte nach dem technisch immer noch andauernden Koreakrieg (1950–1953) – die Wachposten entlang der innerkoreanischen Grenze vollständig abgebaut werden. Ein offizieller Friedensvertrag scheint in greifbare Nähe gerückt.

Kim wiederholte zudem sein Versprechen, eine Raketentestanlage zu schließen. Das hatte er schon beim Gipfel mit US-Präsident Trump in Singapur angekündigt; neu ist allerdings, dass internationale Inspektoren zur Überprüfung ins Land gelassen werden.

Überraschend ist zweifelsohne die angekündigte Schließung vom Yongbyon, dem wichtigsten Nuklearkomplex Nordkoreas. Allerdings knüpfte der Norden dies in vagen Worten an „korrespondierende“ Gegenmaßnahmen von Seiten Washingtons, ohne Details zu nennen.

Der Kontext

Verhandlungen über eine nukleare Abrüstung zwischen den USA und Nordkorea drohten zuletzt zu scheitern. Erst kürzlich hatten die USA einen geplanten Besuch ihres Außenministers Mike Pompeo in letzter Minute abgesagt. Nordkorea hat zwar den Willen bekundet, zumindest Teile seines Atomprogramms zu vernichten, dies allerdings mit Gegenforderungen verbunden: Washington müsse etwa einem Nichtangriffspakt zustimmen und Sanktionen lockern. Die US-Regierung besteht jedoch darauf, dass Kim zuerst liefert. Beide Seiten bringen sich für weitere Verhandlungen in Stellung.

Die Reaktionen

US-Präsident Donald Trump bezeichnete die Gipfelresultate in einer ersten Reaktion auf Twitter als „sehr spannend“. Wie erfreut Trump tatsächlich über das Treffen zwischen Moon und Kim ist, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen. Der südkoreanische Präsidentensprecher hat bereits durchblicken lassen, dass wichtige Teile der Verhandlungen zwischen den koreanischen Staatschefs geheim bleiben. Darüber will Moon Jae In Trump am 24. September bei einem Besuch persönlich unterrichten.

Die Konsequenz

Der südkoreanische Präsident ist seinem Ziel einen entscheidenden Schritt näher gekommen: den Friedensprozess soweit voranzutreiben, dass eine Rückkehr zu militärischen Eskalationen immer unwahrscheinlicher erscheint. Ebenso haben die beiden Koreas beim Gipfeltreffen verdeutlicht, dass sie ihr Annäherung auf jeden Fall eigenständig vorantreiben werden.

Dass Kim nun vor Jahresende Seoul besuchen will, kann auch als Wink an die USA interpretiert werden: Jetzt wird es immer wahrscheinlicher, dass der nordkoreanische Machthaber bereit sein könnte, nach Washington zu reisen.

Fabian Kretschmer , Seoul

meinung + diskussion

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen