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Schnelles Geld vom IWF soll Argentiniens Devisenproblem lösen

Der Peso ist auf Talfahrt. Für die Regierung wird es schwierig, die Auslandsschulden zu bedienen. Lagarde signalisiert Entgegenkommen

Aus Buenos Aires Jürgen Vogt

Lange hat die Regierung von Mauricio Macri die stetige Abwertung des Peso mit dem allgemeinen Währungsverfall in Schwellenländern erklärt. Doch immer deutlicher zeigt sich: Die Ursachen sind auch hausgemacht. Innerhalb eines Jahres hat der Peso über 80 Prozent seines Wertes gegen­über dem Dollar eingebüßt. Mussten am Donnerstag für einen Dollar 34 Peso gezahlt werden, ein Allzeittief, so waren es vor genau einem Jahr 17,40 Peso.

Argentinien ist in Not. Präsident Mauricio Macri verkündete, dass mit dem Internatio­nalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Finanzhilfen vorgezogen werden sollen. Noch in diesem Jahr werde die Regierung über 35 Milliarden Dollar verfügen. Der Vertrauensmangel der Märkte habe ihn dazu bewogen, so der Präsident. IWF-Chefin Christine Lagarde signalisierte Entgegenkommen: „Ich habe unsere Bereitschaft betont, die Regierung bei der Entwicklung ihrer überarbeiteten politischen Pläne zu unterstützen.“

Allein die Ankündigungen halfen nichts. Der Peso sackte weiter ab. Der Werteverfall der argentinischen Währung hatte bereits im Mai an Fahrt aufgenommen, als Anleger damit anfingen, ihre in Peso ausgestellten kurzfristigen Anleihen der argentinischen Zentralbank abzustoßen und in Dollar zu tauschen. Mit der Ausgabe dieser kurzfristigen Anleihen von Zinssätzen von am Ende bis zu 40 Prozent hatte die Zentralbank versucht, die umlaufende Geldmenge zu verringern und die Inflation einzudämmen. Angelockt hat sie damit aber vor allem spekulatives Kapital. Am Ende lag die Summe der ausgestellten Anleihen weit im dreistelligen Milliardenbereich.

Als die US-Notenbank im April Zinserhöhungen in Aussicht stellte, begannen die Anleger mit dem Verkauf ihrer Pesoanleihen und zogen ihre Dollar ab. Die Folge: Der Peso sackte kräftig ab. Auch andere Schwellenländer wie Indien leiden derzeit unter dem Abzug von ausländischem Kapital, vor allem Richtung USA, und darauf folgender Inflation. Bereits im Juni gab die Macri-Regierung die Einigung auf einen Stand-by-Kredit des IWF in Höhe von 50 Milliarden Dollar bekannt. Die ersten 15 Milliarden wurden sofort ausgezahlt. Der Restsumme sollte eigentlich erst in den kommenden drei Jahren abgerufen werden.

Was Argentinien fehlt, sind harte Dollar. Die Regierung konnte bisher nicht erklären, wie sie ihren Zahlungsverpflichtungen im kommenden Jahr nachkommen will. Der Staat hat nicht nur ein Haushaltsloch, das er mit Dollarkrediten aus dem Ausland zu stopfen versucht, sondern auch ein Defizit in der Leistungsbilanz. Der Druck hat erheblich zugenommen, seit die Folgen einer Dürreperiode für die Landwirtschaft bekannt und die Exportverluste bei Getreide und Ölsaaten ausgerechnet sind.

Sollte der IWF der vorgezogenen Auszahlung zustimmen, hätte die Regierung zumindest genügend Dollar, um ihre Auslandskredite im Jahr 2019 zu bedienen. Welche zusätzlichen Gegenleistungen sie dafür bringen muss, ist nicht bekannt. Schon im Juni hatte sie sich gegenüber dem IWF zum Abbau des Etat­defizits verpflichtet.

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