Podcast „Passierte Tomaten“ : Sex ist ein Luxusgut
Empfohlener externer Inhalt
Ist Sex gegen Geld okay? Die Frage spaltet die Frauenbewegung seit jeher. Sexarbeiterin Undine de Rivière und Autorin Antje Schrupp sprechen darüber.
Gibt es ein Recht auf Sex oder ist Sex ein Luxusgut? Ist es problematisch, dass weibliche Lust in der Sexarbeit nicht im Vordergund steht – oder ist das letztlich nur ein Symptom dysfunktionaler Geschlechterbeziehungen, die auch jenseits von Sexarbeit unsere Gesellschaft prägen?
Die Frage, ob Sex gegen Geld aus feministischer Sicht in Ordnung ist, spaltet die Frauenbewegung seit jeher. In patriarchalen Verhältnissen, monieren die einen, sei eine selbstbestimmte Sexarbeit nicht möglich. Prostituierte seien die Opfer, Zuhälter die Täter, und wünschenswert vor allem eine Abschaffung des Systems Prostitution.
Der Hurenbewegung wiederum geht es vor allem darum, die Branche zu entkriminalisieren, um die Bedingungen zu verbessern, unter denen Sexdienstleisterinnen arbeiten. Die gesellschaftliche Stigmatisierung müsse abgebaut werden, fordern sie, und Sexarbeit anderen Gewerben gleichgestellt.
Undine de Rivière, Jahrgang 1973, ist Physikerin und seit mehr als zwanzig Jahren Sexdienstleisterin. Sie nennt sich „Bizarr-Lady“, bewegt sich zum Teil im Domina-Bereich und ist Autorin des Buchs „Mein Huren-Manifest“, das im Juni erschienen ist. Sie lebt in Hamburg.
Über die Frage, ob Sexarbeit ganz normale Arbeit ist, welche Rolle Freiwilligkeit in der Branche spielt und was „freiwillig“ im Kapitalismus überhaupt bedeutet – darüber sprechen im taz-Podcast die Politikwissenschaftlerin und Autorin Antje Schrupp und die Sexarbeiterin Undine de Rivière, die seit mehr als 20 Jahren in der Branche tätig ist.
„Man muss zwischen Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung unterscheiden“, sagt Undine de Rivière. Zwar sei der Job für viele nicht der Traumjob – was ihn aber vor allem schwierig mache, seien die Umstände: die rechtliche Situation, das gesellschaftliche Stigma. Deshalb, fordert de Rivière, müsse Sexarbeit als Freiberuf anerkannt werden.
Antje Schrupp, Jahrgang 1964, ist Politikwissenschaftlerin, Theologin, Autorin und Bloggerin. Von ihr erschien unter anderem: „Was wäre wenn? Über das Begehren und die Bedingungen weiblicher Freiheit“ und die „Kleine Geschichte des Feminismus“.
Dabei versage derzeit die Frauenbewegung, kritisiert Antje Schrupp: „Wir schaffen es nicht, darüber zu sprechen und zu gemeinsamen Positionen zu kommen, sondern haben uns in zwei Lager verbarrikadiert, die sich bekämpfen. Deshalb lassen wir uns von Leuten über den Tisch ziehen, denen es nicht darum geht, den Frauen zu helfen, sondern die eine repressive Ordnungspolitik wollen.“
***
Vom 9. bis zum 14. September 2018 veröffentlichen wir täglich ein neues Podcast-Gespräch zu feministischen Streitthemen auf taz.de und unseren Kanälen bei Spotify und iTunes. Alle Gespräche erscheinen zum Jahrestag des Tomatenwurfs am 13. September gedruckt in der taz. Mit diesem Spezial launchen wir außerdem auf taz.de einen Schwerpunkt zu feministischen Themen. Schließlich steht die taz seit 40 Jahren für kontinuierliche feministische Berichterstattung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen