Bebauung des Dedesdorfer Platzes: Gemeinsam bauen und wohnen
Die Bewerbungsfrist für die Bauvorhaben am Dedesdorfer Platz in Walle hat begonnen. Zwei Konzepte gemeinschaftlichen Wohnens stehen sich gegenüber.
Klar ist bislang: Nur etwa ein Drittel des rund 9.000 Quadratmeter umfassenden ehemaligen Sportplatzes werden bebaut – dafür hat eine Bürgerinitiative gesorgt, die den Platz am liebsten ganz ohne Wohnbebauung erhalten hätte – nur kann sich das eine Stadt in Zeiten akuter Wohnungsnot und hoher Mietsteigerungen im Bestand nicht mehr leisten.
Die Drittel-Regelung ist ein durch langwierige Bürgerbeteiligung ausgehandelter Kompromiss. Eine weitere Prämisse ist die Bebauung mit Häusern, die gemeinschaftliche Wohnformen umsetzen. Die Stadtgemeinde Bremen fördert gemeinschaftliche Wohnprojekte besonders und bietet die Grundstücke zu günstigen Preisen im Rahmen eines Bewerber-Verfahrens an. Mehrere Baugruppen stehen dafür in den Startlöchern, um ihre Vorhaben auf einem der drei verfügbaren Grundstücke umzusetzen.
Gemeinschaftliche Wohnformen gelten gemeinhin als förderlich für den Stadtteil, in dem sie entstehen: Immerhin bieten sie oftmals günstige Mieten, die auch dann noch stabil sind, wenn überall sonst die Immobilienhaie fleißig gentrifizieren. Viele Baugruppen verfolgen auch soziale Ziele und wollen über Gemeinschaftsflächen und Projekte auch kulturell in den Stadtteil hineinwirken. In erster Linie dienen gemeinschaftliche Wohnformen aber jenen, die darin wohnen.
Thomas Czekaj, Bauressort
Die Baugruppe „waller leben e.V.“ etwa arbeitet seit 2015 an einem Konzept für gemeinschaftliches Wohnen am Dedesdorfer Platz, zehn Personen sollen in das von ihr geplante Haus einziehen. Ihr Modell ist das des Mietshäuser-Syndikats: Die MieterInnen sind in einem Hausverein organisiert, Eigentümerin wird jedoch eine extra gegründete „Hausbesitz-GmbH“, die vom Verein und vom Mietshäuser-Syndikat kontrolliert wird.
Das bewirkt, dass das Gebäude im Prinzip nicht mehr verkauft werden kann und die Mieten sowohl in die Abzahlung der für den Bau benötigten Kredite als auch in die Instandhaltung des Gebäudes fließen. Das Gebäude wird so dem Immobilienmarkt entzogen, Investoren haben dort keine Chance mehr.
Nach diesem Modell arbeiten in ganz Deutschland bereits rund 100 Baugruppen. Das Problem dabei: Die MieterInnen müssen für den Bau des Gebäudes erst einmal Eigenkapital aufbringen, damit die Bank den Bau finanziert. Entweder haben so nur MieterInnen eine Chance, die über die entsprechenden Mittel verfügen, oder es müssen Direktkredite etwa bei Freunden oder Verwandten eingeworben werden.
Vorkaufsrecht für die MieterInnen
Einen anderen Weg geht die LRP Immobilien GmbH, die sich ebenfalls um eines der Grundstücke am Dedesdorfer Platz bewirbt: Sie baut als Investor das Gebäude, einziehen soll dann eine Mietergemeinschaft. 25 Wohneinheiten sollen hier entstehen, mit einem Anteil von 25 Prozent an gefördertem Wohnraum. Ein Kooperationsvertrag mit der Stadt soll sicherstellen, dass die Preise hier ebenfalls nicht explodieren, auch wenn nach 20 Jahren die Sozialbindung der geförderten Wohnungen ausläuft: Die MieterInnen erhalten ein Vorkaufsrecht, der Kaufpreis soll gutachterlich festgelegt werden.
Wer am Ende die Zuschläge erhält und dann am Dedesdorfer Platz seinen Traum vom gemeinschaftlichen Wohnen verwirklichen kann, entscheidet sich Ende des Jahres. Nach Ablauf der Bewerbungsfrist nimmt sich die Baubehörde zwei Monate Zeit, um die Konzepte zu prüfen. „Wir entscheiden nicht nur nach Aktenlage, wir wollen die Leute kennenlernen“, sagt der zuständige Koordinator Thomas Czekaj aus dem Bauressort. Anschließend erhalten die Favoriten neun Monate Zeit, um ihre Finanzierung sicherzustellen und den Kaufvertrag mit Immobilien Bremen zu unterschreiben. Bis am Dedesdorfer Platz tatsächlich gemeinschaftlich gewohnt wird, kann es daher durchaus noch einige Jahre dauern.
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