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Wie die AfD mit kritischen Fragen umgehtDie Alternative auf Antworten

Die AfD reagiert beleidigt auf das Gauland-Interview. Umso wichtiger ist es, weiterhin konkrete Antworten zu diversen Themen einzufordern.

Hatte am Sonntag nicht so gut Lachen: Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland im Sommerinterview Foto: dpa

Dem ZDF-Reporter Thomas Walde gelang es am Sonntag im Sommerinterview mit Alexander Gauland, den auf Provokation ausgerichteten Populismus der AfD zu entlarven. Er hakte kritisch, gut vorbereitet und unaufgeregt nach, was dazu führte, dass der AfD-Vorsitzende nur noch seine Konzeptlosigkeit referieren konnte. Seine Interview­führung war dabei an keiner Stelle unfair – er fragte eben einfach mal zu anderen Themen als den von Gauland erwarteten. Dass das den Parteichef so unvorbereitet traf, ist fast schockierend. Aber: Wie konnte er auch damit rechnen?

Schließlich war über die Flüchtlingsthematik in den vorangegangenen Sommerinterviews von ARD und ZDF sehr viel diskutiert worden. So zeigt eine Analyse des Datenjournalismus-Projekts „Einfacher Dienst“, dass in den neun Sommerinterviews, die vor Gauland ausgestrahlt wurden, mehr als 61 von insgesamt 267 Minuten über die Themen Flucht, Asyl und Migration gesprochen wurde, während für Europa knapp zwölf Minuten und für Bildung gerade einmal 18 Sekunden übrig blieben.

So kam es im ARD-Interview von Thomas Baumann mit Horst Seehofer in der vorvergangenen Woche zu der absurden Situation, dass eine Viertelstunde über Ankerzentren, Flüchtlingsabkommen und Zurückweisungen gesprochen wurde, bis dem Moderator einfiel: „Lassen Sie uns die letzten zwei Minuten noch für ein anderes Thema nutzen. Sie sind ja auch Bundesminister für Bauen und Wohnen … “

Dass ZDF-Mann Walde – anders als Baumann – die Lieblingsthemen des Interviewten einfach wegließ, gefällt den Rechtspopulisten gar nicht. So meint beispielsweise der AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann, das Sommerinterview sei eine „ganz offensichtlich abgekartete Angelegenheit des Staatsfunks“.

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Moment. Weil ein Moderator sich vorab Gedanken macht, zu welchen Themen er Fragen stellt und zu welchen nicht, ist ein Interview „abgekartet“? Weil ein Moderator sich nicht darauf einlässt, von allen möglichen Themen immer wieder auf Geflüchtete zurückzukommen, handelt er im Auftrag des Staates?

Es ist das alte Spiel: Kritischer Journalismus wird diffamiert. Umso wichtiger ist es, auch in Zukunft auf konkrete Antworten zu diversen Themen zu beharren. So muss auch niemand Gauland seine Klamotten klauen, um zu zeigen, dass er bei vielen Problemen der Menschen blank ist.

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14 Kommentare

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  • Ein solches "Vorführen" gelang auch schon Dunja Hayali im Januar 2017.



    Als sie Herrn Gauland darauf ansprach das die AfD Sätze zuließe wie "Denkmal der Schande" oder das Politiker in "Anatolien zu entsorgen" seien.

    Hier das Interview dazu:



    www.youtube.com/watch?v=ZPRJYeCOcFs

  • Der böse alte Mann der AfD steht im ZDF ohne Hosen da - aber dem Hassbürger ist's wurscht. Der einstige CDU-Mann liefert ihnen das Objekt ihrer Begierde - eine Minderheit, an der man seine niedrigsten Gelüste ungestraft abreagieren kann. Und das dem Herrn der künftige Klimawandel egal ist, ergibt sich daraus, dass er ja eh auf absehbare Zeit nach 'Walhalla' abgerufen wird....was interessieren da nachfolgende Generationen..... Wer nach diesem Offenbarungseid beim ZDF nicht weiß, um wen es sich bei der AfD handelt, dem helfen auch keine Argumente mehr....

  • In der Tat war es angenehm, Gauland auch mal zu anderen Themen konfrontiert zu sehen, auf welche er nur mit offensichtlicher Planlosigkeit reagieren konnte.



    Einen ziemlich unangenehmen Beigeschmack hatte für mich jedoch die Sequenz, als das Interview mit lautstarkem Protest einiger Leute gestört wurde. Da hätte m. E. Herr Walde und/oder die Regie (grundsätzlich aus Respekt vor jeder/jedem Interviewpartner*in) einschreiten müssen anstatt das Gespräch ungeachtet dessen weiterzuführen. Ich weiß ja nicht, ob das bei Frau Merkel, Herrn Lindner. Frau Bärbock, Herrn Riexinger etc zugelassen würde (oder schon wurde).



    In diesem Fall wunderts nicht, wenn nun wieder ins olle Opferhorn geblasen wird. Auch wenn der Protest in der Sache in Ordnung war, formal seitens des Interviewers war das leider nix...

  • Denn sie wissen nicht, was sie tun.

  • Die Gier der Medien nach Quote ist unser Unglück.

  • Ein Sprichwort lautet: Besser ein schlechter Ruf als gar keiner.

  • Ich würde mir soviel Eigenständigkeit auch mal bei den "Journalisten" wünschen, die die Audienzen von Frau Merkel "begleiten".



    Dann würde deutlich werden, daß diese Frau und ihre Partei zu keinem einzigen Thema irgendetwas hätte, daß Ähnlichkeit mit einem Konzept hätte.

    • @Don Geraldo:

      Auch der Merkel-Hass hat unser Land keinen Schritr voran gebracht.

  • Das AfD Thema spielt im real life von 97% der Menschen keinerlei Rolle. Es wird durch die Medien und Seehofer virtuell angespeckt und beständig gefüttert.

  • 6 Monate kein Presseartikel zu AfD, Migration, Flüchtlinge und die AfD liegt bei 4%.

    • @Karavanserai:

      Stärker spruch, wenn man selbst 8 Kommentare hier lässt......

  • Die AfD ist eine 1-Themen-Partei wie einst die Piraten. Gauland kann zu anderen Themen gar nichts öffentlich sagen. Nicht, weil er keine Meinung dazu hätte, sondern weil es noch keinen Konsens in der AfD dazu gibt.

  • Ein Problem beim Thema AfD ist, dass die ärgsten Kritiker der AfD in den Medien nicht erkennen, dass deren Berichterstattung zur AfD einer der Haupttreiber für den beständigen Zuwachs der AfD bei Wahlen und Umfragen ist. Der kritische Journalismus gegen die AfD stärkt die AfD.

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Karavanserai:

      Zum Glück gibt es den kritischen Intensivleserbriefschreiber KARAVANSERAI, der die Stärkung der AfD durch den kritischen Journalismus neutralisiert.