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Regierungsbildung in SlowenienStart mit pro-europäischem Credo

Der neue Premier Marjan Šarec steht einer Regierung aus fünf Parteien vor. Ob er für Europa ein verlässlicher Partner ist, muss sich zeigen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist sein Vorbild: Sloweniens Ministerpräsident Marjan Šarec Foto: dpa

Sarajevo taz | Es ist nicht immer vorteilhaft für ein Land, wenn ehemalige Schauspieler wie Ronald Rea­gan oder Showmaster wie Donald Trump das Zepter in der Politik übernehmen. Was jetzt allerdings in Slowenien geschieht, lässt über die Grenzen des kleinen Landes hinweg in ganz Europa aufhorchen. Denn der neue Ministerpräsident, der knapp 41-jährige Marjan Šarec, ließ in einem seiner ersten Statements durchblicken, er werde dafür sorgen, dass Slowenien weiter zum harten Kern der EU gehöre. Als sein Vorbild nennt Šarec den französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Die klare pro-europäische Position des ehemaligen Schauspielers, Comedian, Journalisten und Stimmen-Imitators stößt bei den rechtsgerichteten Regierungen in Ungarn, Österreich und Kroatien zwar nicht gerade auf Sympathie. Hier hätte man sich den starken Mann der Konservativen, den ehemaligen Ministerpräsidenten Janez Jansa, eher zum Partner gewünscht. Doch in Brüssel, in Berlin und Paris wurde die am 17. August vom Parlament gebilligte linksliberale Regierung erleichtert zur Kenntnis genommen.

Noch immer ist zwar nicht ganz geklärt, ob es sich bei dem ehemaligen Bürgermeister der Kleinstadt Kamnik um eine politische Eintagsfliege oder um einen langfristig verlässlichen Partner handelt. Für Ersteres spricht, dass Šarec nach seinen beiden Siegen bei den Kommunalwahlen, bei den (knapp verlorenen) Präsidentschaftswahlen im Oktober 2017 und bei den Parlamentswahlen im Juni dieses Jahres sich nur auf die „Anti-System-Liste“ LMS stützen konnte.

An einzelne Personen gebundene Parteien hat es in Slowenien schon mehrere gegeben. Sie waren anfangs erfolgreich – um dann nach internen Streitereien wieder in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Für seine Verlässlichkeit aber spricht, dass Šarec sich auf viele Stimmen aus den Bürgerbewegungen stützen kann und dass er soziale Themen sehr ernst nimmt. Zudem besteht seine LMS schon seit zehn Jahren und wird immer mehr zu einer regulären Partei.

Viel Verhandlungsgeschick

Für sein Verhandlungsgeschick spricht, dass es ihm gelungen ist, die heterogene und zersplitterte linksliberale Szene hinter sich zu bringen und sogar die mit der deutschen Partei Die Linke wesensverwandte slowenische „Linke“ zur Tolerierung seiner Regierung zu bewegen. Die künftige Regierung wird von fünf Mitte-links-Parteien gebildet, die zusammen auf 43 der 90 Abgeordneten in der Volksvertretung kommen. Die LMS erreichte bei den Wahlen 12,6 Prozent und ist mit 13 Sitzen zweitstärkste Partei im Parlament.

Der frühere linksliberale Regierungschef Miro Cerar musste mit seiner SMC-Partei schwere Verluste hinnehmen und erreichte mit knapp 10 Prozent zehn Sitze im neuen Parlament. Er wird gemeinsam mit den traditionsreichen Sozialdemokraten (10 Prozent und ebenfalls zehn Mandate) und noch anderen Kleinparteien in die Regierung eintreten. Die Linke stützt mit ihren neun Sitzen die Regierung, sodass eine klare Mehrheit von 52 Parlamentariern erreicht wird.

Für die Bildung der Regierung stimmten 55 Abgeordnete, 31 waren dagegen. Der jüngste designierte Ministerpräsident in der Geschichte des Landes muss bis zum 3. September seine Ministerliste vorlegen. Über dieses Kabinett stimmt das Parlament zehn Tage später endgültig ab. Über die Scheidungsgerüchte in Bezug auf Donald Trump und seine slowenischen Frau Melania wollte sich der neue Regierungschef am Samstag nicht äußern.

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