Parlamentswahl in Kambodscha: CPP erklärt sich zum Sieger
Die Kambodschanische Volkspartei von Regierungschef Hun Sen werde „mehr als 80 Prozent der Stimmen bekommen“, sagt ein Sprecher der Partei.
Der Regierungschef hatte die größte Oppositionspartei, die Nationale Rettungspartei Kambodschas (CNRP), 2017 auflösen lassen. Die Regierung warf ihr vor, Teil einer Verschwörung zusammen mit den USA und internationalen Organisationen gewesen zu sein.
Die USA und die EU sehen die Parlamentswahl als nicht rechtmäßig an und lehnten es ab, Wahlbeobachter zu entsenden.
Mehr als acht Millionen Stimmberechtigte hatten sich in die Wahllisten eingetragen. Politiker von 19 kleinen oder bislang kaum bekannten Parteien traten gegen die CPP-Kandidaten an. „Wir rechnen mit mehr als 100 Sitzen“ der zu vergebenden 125, sagte CPP-Sprecher Eysan.
Im kambodschanischen Staatsfernsehen wurde verkündet, die Regierungspartei habe nach teilweisen Stimmauszählungen in allen 25 Provinzen mindestens 70 Prozent erreicht. Wie viele Sitze in der Nationalversammlung die Volkspartei gewann, erklärte Informationsminister Khieu Kanharith zunächst nicht. Das offizielle Ergebnis soll erst Mitte August bekannt gegeben werden.
Aufruf zum Boykott der Wahl
Wichtige Oppositionsführer befinden sich im Gefängnis, im Untergrund oder im Exil. Es gab Aufrufe zum Boykott der Abstimmung. Die Wahlbehörden erklärten, ein solcher Aufruf komme einem Verbrechen gleich. Eine Pflicht zur Stimmabgabe besteht in Kambodscha allerdings nicht. In den sozialen Medien gab es am Sonntag zahlreiche Bilder von ungültig gemachten Stimmzetteln. Offenbar stammten sie von Unterstützern der Opposition.
„Ich bin nicht zur Wahl gegangen. Ich habe zu Hause geschlafen“, sagte Khem Chan Vannak, ein ehemaliger Gemeinderatsvorsitzender der jetzt aufgelösten Nationalen Rettungspartei Kambodschas (CNRP). Viele seiner Freunde hätten die Wahl ebenfalls boykottiert. Der Chef der verbotenen CNRP, Kem Sokha, ist inhaftiert. Sein Vorgänger im Amt des Parteichefs, Sam Rainsy, floh 2016 nach Frankreich.
Nach Angaben der nationalen Wahlkommission gaben dennoch 82 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. 2013 hatte die Beteiligung an der Parlamentswahl bei 69 Prozent gelegen. Am Morgen waren vor Schulen und Pagoden, die als Wahllokale dienten, Schlangen von Menschen zu sehen, darunter buddhistische Mönche in safranfarbenen Gewändern. Gegen Mittag ließ der Andrang nach.
Hun Sen und seine Frau Bun Rany erschienen früh am Morgen zur Stimmabgabe in einem Außenbezirk der Hauptstadt Phnom Penh. Die Regierungspartei CPP hat seit 1998 jede Wahl gewonnen.
Korruption und Vetternwirtschaft
Hun Sen kämpfte Anfang der 70er Jahre auf Seiten der Roten Khmer gegen den von den USA unterstützten Machthaber Lon Nol. 1975 kam die Guerillabewegung an die Macht, 1977 lief Hen Sun lief zum Feind Vietnam über. Nachdem vietnamesische Truppen im Dezember 1978 die Gewaltherrschaft der Roten Khmer stürzten, wurde Hun Sen 1985 von Hanoi mit 32 Jahren als Regierungschef eingesetzt.
Für die heutige Jugend ist die damalige Schreckensherrschaft weit weg. Sie kritisiert Korruption und Vetternwirtschaft, die Hun Sen aus ihrer Sicht durch politische und familiäre Allianzen vorantreibt. Dank der Stimmen kritischer Jugendlicher kam die oppositionelle CNRP bei der Parlamentswahl 2013 auf 44 Prozent und bei örtlichen Wahlen im Jahr darauf zu ähnlichen Ergebnissen.
Der 65-jährige Hun Sen verweist auf das Wirtschaftswachstum und die Stabilität unter seiner Herrschaft, womit er bei seiner Wählerbasis gut ankommt. Er öffnete Kambodscha für den Freihandel und schloss Bündnisse mit den Großmächten USA und China. Das südostasiatische Land gehört heute zwar immer noch zu den ärmsten Staaten, Textilexporte und Tourismus verzeichnen aber weiterhin hohe Wachstumsraten.
Nach der Wahl in Kambodscha haben sich die Vereinigten Staaten und Australien kritisch geäußert. Aus dem Weißen Haus hieß es am Sonntag, es sei bedauerlich, dass es bei der Abstimmung zu Fehlern gekommen sei. Es würden Strafmaßnahmen erwogen, einschließlich Visa-Beschränkungen gegen einige Regierungsmitglieder, teilte das Weiße Haus mit. Die australische Außenministerin Julie Bishop sagte, ihr Land sei besorgt darüber, dass nicht alle politischen Parteien, gesellschaftlichen Gruppen und Medien frei arbeiten konnten.
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