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Dokumentarfilm über Stil um 1940Mit Mutwillen und Terrier

Stil ist dort, wo auf die Umstände erst gar nicht geachtet wird. Das zeigt ein Dokumentarfilm, der sich der Gutsherrin Lona von Lieres widmet.

Szene aus dem Film „Zeitreise mit Lona von Lieres und Wilkau (1896-1979)“ von Anita Eichholz Foto: DVD Anita Eichholz

Die Herrin auf Gut Golkowitz in Oberschlesien könnte eine Großbäuerin genannt werden. Aber so ganz trifft dieser Begriff die begeisterte Amateurfilmerin nicht. Was am Stil liegt, den sie und ihre Familie pflegen und der sich zum Beispiel nicht nur am ständigen Hantieren mit der 8-Millimeter-Kamera zeigt, sondern auch an den sehr gut gekleideten Kindern.

Der Zweite Weltkrieg hat schon begonnen, wenn sich Anita Eichholz, Filmautorin beim Bayerischen Rundfunk, auf ihre „Zeitreise mit Lona von Lieres und Wilkau (1896)“ begibt. Sie hat das von Lieres seit Ende der 1930er Jahre bis in die 1980er Jahre aufgenommene Schwarzweiß-, aber auch Farbmaterial digitalisiert und zu einem 50-Minuten-Film kompiliert.

An sich geht es um einfache private Filmaufnahmen. Lona filmte ihren Ehemann Tin, ihre Mutter Gerta, die − schon mit 28 Jahren verwitwet − als allein erziehende Mutter das Gut in Gorzyn in der Provinz Posen bewirtschaftete; natürlich richtete Lona ihre Kamera auf ihre Kinder Waldemar, Marianne und Gert, deren zahlreiche Cousins und Cousinen und auf die Mitarbeiter des Gutes Golkowitz. Man beobachtet mit der Filmerin die Geburtstage der Kinder, ihren Reitunterricht, wie sie die neugeborenen Schafe im Frühjahr im Arm wiegen, wir sehen die Gutsarbeiter bei der Fischernte aus dem Brennereiteich im Herbst oder Tin von Lieres und die anderen Von und Zus der Umgebung bei der Treibjagd im Winter.

700 Hektar Land- und Forstwirtschaft bildeten die wirtschaftliche Grundlage der Familie, die 150 Schweine hielt, 400 Schafe, rund 100 Kühe inklusive 8 Ochsen, dazu 45 Reit-, Kutsch- und Arbeitspferde. Außer einer Ziegelei gab es eine Kartoffelschnaps-, also Wodkabrennerei, im zugehörigen Teich wurde eine Fischzucht betrieben, dazu kamen Hühner, und selbstverständlich sind immer Hunde im Bild. Um diesen Betrieb drehte sich das Leben auf Golkowitz, das wenig spektakulär war. Eher war es ein wenig langweilig, weswegen man einiges losmachte. Ein ständiger Strom von Besuchern, Verwandten und Freunden sorgte für Unterhaltung und bot Anlass für Feste und Aufführungen aller Art.

Herrlich unangemessene Szenen

Dieser bewusst inszenierte Mutwillen gegen alltäglichen Ennui und depressiv stimmende Routine bildet − wie sich im Fortgang der Zeitreise zeigen wird – eine unzerstörbare Reserve, dem Leben in Scherben mit Beherrschung zu begegnen. Gerade sehen wir noch Waldemar von Lieres mit seinen Freunden Tischtennis spielen, da fällt der 19-Jährige an der Ostfront. In den folgenden Bildern eines Ausflugs trägt die Familie Trauer und zeigt Haltung. Der Krieg rückt näher. Am 18. Januar 1945, auch das filmt Lona mit gewohnter Nonchalance, verlässt die Familie Golkowitz in einem Treck. Ihr Ziel sind die Verwandten Max und Irmgard von Künßberg auf Burg Wernstein in Franken, wo sie im März mit zahlreichen anderen Flüchtlingen eintreffen.

Lona von Lieres kann dem Filmverbot der US-Militärbehörde trotzen und ihre Kamera vor der Beschlagnahmung retten. So ist es ihr möglich, am 9. Mai, einen Tag nach der bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reichs, die Aufführung festzuhalten, die in Wernstein anlässlich des 73. Geburtstag der ebenfalls aus Schlesien geflohenen Johanna von Badewitz stattfindet.

Während die Kinder das Volk spielen, verkörpern die Erwachsenen die schönen Künste, reichlich unseriös, aber grandios im griechischen Stil kostümiert. Wolfheinrich von Künßberg gibt den lachenden Genius, Jutta von Badewitz den Tanz und Marianne von Lieres die Schauspielkunst. Und wenn an diesem strahlenden Sommertag die Musen zum Schluss noch einmal auf der Schlossmauer Aufstellung nehmen, samt einem zugegebenermaßen wenig antiken, aber unumgänglichen Terrier, dann hat nichts mehr Stil und Größe als diese herrlich absurde, der desaströsen Situation, in der sich Helfer wie Flüchtlinge befinden, völlig unangemessenen Szene.

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4 Kommentare

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  • Da halt ich mich als Bauernnachfahr wohl mal besser raus - wa*¿!*

    Aber dess denn doch!



    “Die Herrin auf Gut Golkowitz in Oberschlesien könnte eine Großbäuerin genannt werden. Aber so ganz trifft dieser Begriff die begeisterte Amateurfilmerin nicht.…“

    Ah ja. “Großbäurin“ - Bitte? Geht’s noch*!*



    Es geht doch um die Zeit der Adelsherrschaft prä&im



    WK II - 12tausendjährigen! Newahr.



    In echt getzt mal - “Großbäuerin“ - Doch nicht gescheit! Gell.



    &



    Die feine Dame & ihre Familie - hätte Ihnen was gehustet!



    Großbäuerin - Schmiere pur!



    Nothing else!

    & btw



    unterm——Oberschlesien oder Posen*¿*



    Das ist hier die Frage. Peinlich.

    Denn - “An sich geht es um einfache private Filmaufnahmen. Lona filmte ihren Ehemann Tin, ihre Mutter Gerta, die − schon mit 28 Jahren verwitwet − als allein erziehende Mutter das Gut in Gorzyn in der Provinz Posen bewirtschaftete; …“



    Ja wie? (s.o.) - Ja wo denn jetzt?

    Jetzt doch - “Gut in Gorzyn - ?



    Gorzyń [ˈɡɔʐɨɲ] (German: Willichsee) is a villagein the administrative district of Gmina Międzychód, within Międzychód County, Greater Poland Voivodeship, in west-central Poland.



    en.wikipedia.org/wiki/Gorzy%C5%84

    &/oder - doch Oberschlesien - ? JwD - kerr!



    “Oberschlesien (deutscher schlesischer Dialekt: Aeberschläsing oder Oberschläsing, polnisch: Górny Śląsk, polnischer oberschlesischer Dialekt: Gůrny Ślůnsk, tschechisch: Horní Slezsko) ist der südöstliche Teil der historischen Region Schlesien, der heute größtenteils in Polen (in der Woiwodschaft Oppeln und der Woiwodschaft Schlesien) liegt.

    de.wikipedia.org/wiki/Oberschlesien



    Jau. Dazu würde passen.



    Gołkowice (deutsch Golkowitz) ist eine Ortschaft mit einem Schulzenamt der Gemeinde Godów im Powiat Wodzisławski der Woiwodschaft Schlesien in Polen.



    &



    In der Volksabstimmung in Oberschlesien über die künftige politische Zugehörigkeit Oberschlesiens 1921 votierten 742 von 906 Wählern für Polen, demgegenüber standen 164 Stimmen für Deutschland.[3]“

    kurz - Die Arbeit machen die anderen!

    • @Lowandorder:

      & btw zum Schmonzes doch noch dies!

      Haben Sie - werte Frau Brigitte Werneburg - schon mal was von ostelbischen Krautjunkern - der dorten Nichtumsetzung! der Stein-Hardenbergschen Reformen!



      &



      Einem gewissen Gorbatschow & dessen Beharren im 4:2-Abkommen bzgl der Steigbügelhalter Adolf 'Gröfaz’ Hitlers!



      Auf Bestand der Nachkriegseinteignungen (zu sowieso Oder/Neiße/Grenze Polen!) gehört*?* - Alles das! Abgesegnet durch Karlsruhe!



      (& Unterlaufen via CDU/CDU/FDP-Konnektion mittels Krediten zum Nulltarif!;( - & dergleichen gehört*¿!*

      unterm—-(zu den allerdings aus guten Gründen nur sehr kurzfristigen Mitschülern & post Wende dann doch recht dreisten Nachfahren) - Dies -



      “Die literarische Karikatur eines typischen ostelbischen Junkers findet sich in der Figur des großspurigen preußischen Regierungspräsidenten von Wulckow in Heinrich Manns Roman Der Untertan (1914). Eindrucksvolle Schilderungen der Verhältnisse und Mentalitäten im Landadel der damals zu Preußen gehörenden Mark Brandenburg finden sich auch in Theodor Fontanes Roman Der Stechlin (1898).…“



      & have a lovely look to that - ;)



      de.wikipedia.org/w...ker_(Preu%C3%9Fen) -



      Fein ausführliches Teil!

      kurz - Die e-taz - Linkes Portal -



      Wieder mal in allseits bekannter KaiDiekmannsch/MathiasDöpfnerscher



      Hochform! Fachlich InhaltlichPolitisch!

      Friede sei mit euch!



      Normal.

      Na Mahlzeit

      (ps “Großbäurin“ - Nich to glöben!



      & Liggers!



      Rein tonn katolsch warrn!;(

      • @Lowandorder:

        btw & zu Ihrer Erhellung der Verhältnisse & Ihrer hier apostrophieren 'Idylle‘ - Damals & Dorten im Ostelbischen “bei Adolf“ - kerr!

        “Gołkowice (deutsch Golkowitz) ist eine Ortschaft mit einem Schulzenamt* der Gemeinde Godów im Powiat Wodzisławski der Woiwodschaft Schlesien in Polen“

        Könnte ganz prima passen.



        Mein Rucksackbaueronkel - strammster Nazi bis zum Ableben - aus Pommern.



        Dero “Hof“ - war auch gleichzeitig sein



        GeburtsOrt* - d.h. “Soweit das Auge reichte - von Horizont zu Horizont!“



        &



        Falls Sie wissen - Was einst ein “Dorfschulze“ war bzw darunter & Amt verstanden wurde.



        Normal.

        Gern&Dannichfür - wa!



        …servíce*¡*

        • @Lowandorder:

          & Wie schrieb doch -

          “Klaus Harpprecht, der im Jahr 2008 eine erste kritische Biografie über die Dönhoff veröffentlichte - Däh -!



          “Im Verschweigen - ('…niemals erwähnt habe, dass Bruder Christoph eine braune Vergangenheit gehabt habe.…Dietrich Dönhoff sei bereits 1933 Parteimitglied geworden.…‘)



          habe die Familie so gehandelt wie Millionen anderer Bürger.…“



          de.wikipedia.org/w...A4fin_D%C3%B6nhoff

          So geht das.

          Ende des Vorstehenden